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Johan Botella, Aufsichtsrat bei Coca-Cola Europacific Partners Deutschland Magazin Mitbestimmung

Aufsichtsräte: Wir bestimmen mit

Ausgabe 04/2021

Johan Botella ist Aufsichtsrat bei Coca-Cola Europacific Partners Deutschland. Seit 30 Jahren setzt er sich für die Beschäftigten ein. Von Andreas Molitor

Nach 30 Jahren Kampf für die Beschäftigten hat man wohl naturgemäß eine abgeklärte Sicht der Dinge. So auch bei Johan Botella. Der 59-Jährige, Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat bei der Deutschlandsparte von Coca-Cola Europacific Partners, gehört nicht zu jenen, die bei jeder Gelegenheit über die Gegenseite von der Arbeitgeberbank herziehen. Er ist, außer wenn es in Tarifverhandlungen ans Eingemachte geht, ein Mann der moderaten Töne. „Wir versuchen, über Kompromisse den Laden nach vorn zu bringen“, sagt er. „Und das ist uns in vielen Fällen auch gelungen.“

Bei der früheren Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG Deutschland, die 2016 in der weit größeren Coca-Cola European Partners aufging, hat die Suche nach einer Lösung, die von beiden Seiten getragen werden kann, schon Tradition. Seit Botella 1997 als Gast zum ersten Mal auf der Arbeitnehmerbank des Aufsichtsrats Platz nahm, „hat der Vorsitzende immer den Versuch gemacht, einen Konsens über kontroverse Themen herzustellen – mit dem Ziel, seine Doppelstimme nicht ziehen zu müssen“, sagt Botella. Bis auf wenige Ausnahmen habe man ihn auch gefunden.

Je länger Botella im Aufsichtsrat des Getränke­konzerns war und je besser er die Akteure im Management kannte, desto leichter fiel es ihm, Verbündete auf Arbeitgeberseite zu finden und Koalitionen auf Zeit zu schmieden. „So konnten wir das eine oder andere retten“, erinnert er sich. Ein Beispiel, schon etliche Jahre her: die berühmte „Rote Flotte“, der eigene Fuhrpark von Coca-Cola. Die Konzernlenker in Atlanta wollten die Flotte abtakeln. „Und heute haben wir sie immer noch“, freut sich Botella.

Konfliktstoff gab es reichlich in all den Jahren. „Seit ich 1986 als Fahrer in der Nähe von Stuttgart angefangen habe, hat sich das Unternehmen komplett verändert“, berichtet Johan Botella, der 1991 in der Niederlassung in Deizisau bei Stuttgart einen Betriebsrat mit initiierte und auf Anhieb zum Vorsitzenden gewählt wurde. Der Sohn spanischer Eltern ist „gewerkschaftlich vorbelastet“: Der Vater war IG-Metall-Vertrauensmann bei Daimler in Stuttgart.

Seit Botellas Einstieg bei Coca-Cola wurden kleine und mittelständische Unternehmen zu immer größeren Einheiten zusammengeschlossen, kleine Produktionsstätten geschlossen und größere gebaut. Die Produktivität stieg, die Beschäftigtenzahl sank. „Wir mussten ständig über Personalabbau verhandeln“, zieht Botella Bilanz. „Zeitweise gab es alle ein, zwei Jahre eine Restrukturierungsrunde.“

Fremdeln mit deutschen Regeln

Besonders nach der Eingliederung des Deutschlandgeschäfts in Coca-Cola European Partners, eine Aktiengesellschaft nach britischem Recht, im Jahr 2016 wehte kurze Zeit ein rauerer Wind. Da habe es im Management „ein paar Scharfmacher“ gegeben, die sich etwa gegen eine Vereinbarung zur Gründung eines Europäischen Betriebsrats sperrten. „Aber die sind mittlerweile von Bord“, erzählt Botella. Für sie seien „Leute gekommen, mit denen wir sehr gut zusammenarbeiten“, etwa in Arbeitsgruppen zu Ausbildung und Qualifizierung. „Sie schätzen und respektieren die Mitbestimmung.“ Hin und wieder fremdeln die Briten noch etwas mit den aus ihrer Sicht sonderlichen deutschen Regeln. „Es kommt vor, dass sie beispielsweise in der IT einfach etwas einführen wollen“, sagt Johan Botella, „und dann sind sie ganz erstaunt, wenn wir sagen: Moment, hier herrscht Mitbestimmung!“

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