: Investoren, die keine sind
PRIVTE EQUITY Diese "Investoren" bringen kein Eigenkapitel mit, sondern Schulden; und sie bereichern sich an den Vermögenswerten der Unternehmen. Dieser Raubbau muss gestoppt werden.
Von LOTHAR KAMP, Leiter der Mitbestimmungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung. Lothar-Kamp@boeckler.de
Private Equity (PE) ist eine ganz wichtige Finanzierungsform für deutsche Unternehmen, sagen Vertreter der Kapital- und Finanzmärkte und viele unserer Politiker. Private-Equity-Fonds brächten unseren Unternehmen dringend benötigtes Eigenkapital, steigerten ihre Wettbewerbsfähigkeit, schüfen eine Menge neuer Arbeitsplätze und beförderten unseren altmodischen Kapitalmarkt endlich in die Spitzenliga. Bei genauer Betrachtung stimmt nichts davon.
STATT FRISCHEM KAPITAL GIBT ES SCHULDEN Die deutsche Bundesbank belegt in ihren jüngsten Berichten, dass deutschen Unternehmen genügend Kapital zur Verfügung steht. Private-Equity-Firmen finanzieren die von ihnen gekauften Firmen nicht in dem Sinne, dass sie ihnen frisches Kapital bringen. Viel mehr finanzieren sie sie mit dem Kaufakt um.
Sie nehmen erhebliches Fremdkapital auf, meist Bankkredite, und lasten diese Schulden dem gekauften Unternehmen auf. Durch Heben stiller Reserven, Ausschütten großer Dividenden an den Fonds und Erzielen möglichst hoher Verkaufspreise werden gut laufenden Unternehmen massive Geldsummen entzogen. Sie werden auf diese Weise ausgeschlachtet.
Der Begriff Private Equity ist irreführend, denn Equity bedeutet Eigenkapital. Das Eigenkapital der Unternehmen wird aber nicht verstärkt, sondern verringert, und das Fremdkapital massiv erhöht. Die Unternehmen müssen nach dem Ausstieg der Investoren mit den hohen Schulden zurechtkommen. Viele schaffen es nicht mehr, zu überleben. In der deutschen Automobilzulieferindustrie, darunter auch
Weltmarktführer, haben die Fonds zahlreiche Unternehmensruinen hinterlassen, wie Kiekert, TMD Friction, Grammer, Schefenacker, Honsel, Peguform und Edscha.
Das entzogene Geld verteilt der Fonds zum einen an seine eigenen Investoren. Das sind vermögende Privatpersonen, Pensionsfonds, Banken oder Versicherungen. Die meisten von ihnen sitzen gar nicht in Deutschland, sondern in den USA, Großbritannien oder anderen Ländern. Zum zweiten verdienen die Manager der Fonds sowie die einbezogenen Investmentbanken, Rechtsanwälte und Unternehmensberater gigantische Beträge an den Deals.
Private Equity ist somit eine mverteilungsmaschinerie, die Kapital aus erfolgreichen Firmen an die genannten Investoren transferiert. Sie leistet damit auch einen erheblichen Beitrag zur gesellschaftlichen Umverteilung der Einkommen unterer und mittlerer Schichten zu einer kleinen Gruppe, die in den Schlüsselpositionen der Kapital- und Finanzmärkte sitzt.
DAS BILD DER HEUSCHRECKE STIMMT PE-Gesellschaften sind nicht an den Produkten, den Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, der Unternehmenskultur oder den langfristigen Innovationen der Unternehmen interessiert, die sie kaufen. Unternehmen sind für Private-Equity-Gesellschaften Mittel zum Zweck, mit ihrem Geschäftsmodell Extremrenditen von möglichst über 20 Prozent aus den Unternehmen herauszuziehen. Dies kann man mit einem Unternehmen meist nur einmal, selten mehrmals und nur für diejenige kurze Zeit machen, in der der PEFonds am Unternehmen beteiligt ist. Das Bild der Heuschrecke von Müntefering 2005 geprägt - abgrasen und weiterziehen - trifft also den Punkt.
In den Infrastrukturbereichen unserer Gesellschaft wird die problematische Rolle von Private Equity besonders deutlich. Telekommunikation, Zeitungs- und Buchverlage, Fernsehsender, der Gesundheitssektor und der Wohnungsmarkt oder die Entsorgungsunternehmen sind beliebte Ziele der Fonds. Mit ihren guten und regelmäßigen Zahlungseingängen lassen sich die aufgenommenen Schulden abzahlen.
Die Private-Equity-Gesellschaften KKR und Permira kauften die Fernsehsenderkette ProSiebenSat. 1 und trimmen nun den Sender Sat1, der Harald Schmidt populär machte, auf Maximal-Rendite. Produktionen ohne hohen Profitbeitrag sowie Informations- und Nachrichtensendungen werden abgeschafft und verstärkt Standardproduktionen eingesetzt. Ein großer Teil der Beschäftigten wird gefeuert. Fünf Private-Equity-Fonds holten beim dänischen Telekommunikationsunternehmen TDC bereits nach einigen Monaten mittels extremer Sonderausschüttungen ihren Einsatz von fünf Milliarden Euro wieder heraus.
Sie besitzen für die weitere Verwertungimmer noch das komplette Unternehmen. Der Aufkauf großer deutscher Wohnungsgesellschaften durch PE-Fonds führt zu steigenden Mieten, zu Verschlechterungen im Wohnumfeld und zum Verlust städtebaulicher Gestaltungskompetenz in den betroffenen Kommunen. An diesen Beispielen wird der Widerspruch zwischen dem einseitigen Wertsteigerungsinteresse für die Investoren und den gesellschaftlichen Bedürfnissen deutlich.
SKANDALÖSE STEUERLICHE BEGÜNSTIGUNG Kaum zu glauben, dass diese Form des Kapitalentzugs und -transfers
auch noch steuerlich begünstigt wird. Unsere Regierungen passten sich amerikanischen und britischen Standards an und sind dabei überzeugt, auf diese Weise den deutschen Finanz- und Kapitalmarkt zu modernisieren. Die Steuerprivilegierung, und damit der Steuerausfall, befördern nicht nur einseitig diesen Investorentyp, sondern entziehen unserem Gemeinwesen auch umfangreiche Mittel für wichtige gesellschaftliche Zwecke.
Zudem werden andere Finanzierungsformen und andere Investoren, die nicht das Ziel des Ausschlachtens verfolgen, zurückgedrängt. Die historisch extrem hohe Liquidität an den Finanz- und Kapitalmärkten, der niedrige Kapitalmarktzins und die Gier nach Extremrenditen haben zu massiv überhöhten Kaufpreisen von Unternehmen geführt, bei denen strategische Investoren meist nicht mithalten können.
Im Sommer 2007 beginnt sich das Bild für Private Equity zu verdüstern. Die Banken geben den Fonds nicht mehr so leichtfertig wie zuvor Kredite für Unternehmenskäufe. Die Zinssätze dieser Finanzierungen ziehen stark an. Das PE-Geschäft wird weniger lohnend. Einzelne große Fonds wie Blackstone gehen an die Börse, um ihre Gesellschaft durch Verkauf von Aktien zusätzlich zu versilbern
und von einem breiteren Markt Kapital zu beschaffen, wenn schon die risikobereiten Großinvestoren ausfallen.
Die gegenwärtige Abwärtswelle sollte nicht dazu führen, dass die in Gang gekommenen kritischen Diskussionen um die Rolle der Fonds in Europa und den USA und die Bestrebungen zu stärkerer Regulation wieder erlöschen. Es geht um eine langfristig ausgerichtete politische Eindämmung dieser Investoren.