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MWG-Preisträgerinnen 2022 Magazin Mitbestimmung

Auszeichnung: Freiraum für die Forschung

Ausgabe 03/2022

Zum fünften Mal schenkt die Hans-Böckler-Stiftung mit dem Maria-Weber-Grant herausragenden Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern mehr Zeit für ihre wissenschaftliche Arbeit. Von Joachim F. Tornau

Svenja Flechtner erforscht soziale und ökonomische Ungleichheit. Anna Wehofsits sucht nach einer neuen Ethik der Selbsttäuschung. Und Siegfried Beckus will die Geheimnisse von Quasi­kristallen lüften. Was die drei in ihrer Forschung umtreibt, könnte weiter kaum auseinanderliegen. Doch eines haben alle gemeinsam: Sie stecken in dem, was man die Rushhour des akademischen Lebens nennen kann.

Wer nach der Doktorarbeit weiter eine universitäre Karriere anstrebt, hat vor allem eins: zu wenig Zeit. Postdocs müssen so viel wie möglich forschen und publizieren, zugleich aber oft Lehr- und Verwaltungsaufgaben an der Hochschule erfüllen. Um herausragende Nachwuchswissenschaftler zu entlasten, finanziert die Hans-Böckler-Stiftung mit dem Maria-Weber-Grant deshalb bis zu zwölf Monate lang eine Teilvertretung für die Lehre. Jetzt wurde die Auszeichnung zum fünften Mal vergeben.

Die Ökonomin Svenja Flechtner untersucht unter anderem, wie Einkommensunterschiede von Männern und Frauen dadurch beeinflusst werden, dass sie sich nach dem Abitur für unterschiedliche Karrierewege entscheiden, und welche Faktoren bei dieser Entscheidung eine Rolle spielen. „Mich treibt die Hoffnung an, die Welt durch die Analyse von gesellschaftlich relevanten Problemen ein kleines bisschen besser zu machen“, sagt die Juniorprofessorin für Plurale Ökonomik an der Universität Siegen.

Gut dosierte Überschätzung

Mit der erstaunlichen menschlichen Fähigkeit, sich etwas vorzumachen, beschäftigt sich die Philosophin Anna Wehofsits. Die Akademische Rätin auf Zeit an der Ludwig-Maximilians-Universität München analysiert, wie eine durch Selbsttäuschung eingeschränkte Urteils- und Handlungsfähigkeit soziale Ausgrenzung begünstigen oder zur Verbreitung von Verschwörungserzählungen beitragen kann. Sie wertet aber auch psychologische Studien aus, die zu einem freundlicheren Urteil kommen: „Eine gut dosierte Überschätzung der eigenen Fähigkeiten und Zukunftsaussichten kann zu seelischer Stabilität beitragen“, erklärt Wehofsits.

Der Mathematiker Siegfried Beckus will die Strukturen einer besonderen Art von Feststoffen entschlüsseln, der sogenannten Quasi­kristalle. Ihn erinnere das alles oft an Kunst, sagt der wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität Potsdam. „Auch hinter einem Ornament oder einer Parkettierung verstecken sich ja verschiedenste mathematische Zusammenhänge, die diese Muster so ästhetisch auf uns wirken lassen.“

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