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Magazin Mitbestimmung

: EXKLUSIV ONLINE Hans Böckler zum Hören

Ausgabe 05/2004

Erstmals bieten wir - im mp3-Format - Auszüge aus der Rede Hans Böcklers auf dem DGB-Gündungskongress im München am 14. Oktober 1949 sowie aus seiner Rundfunkansprache vom 30. Januar 1951 an.

Auszug der Rede Hans Böcklers auf dem Gründungskongress des Deutschen Gewerkschaftsbundes in München am 14. Oktober 1949

Spielzeit: etwa 1 ½ Minuten

Auszug anhören (mp3)    (Tipp: Falls ihre Sicherheitseinstellungen ein direktes Abspielen nach dem Mausklick nicht erlauben, Datei downloaden mit der rechten Maustaste und danach anhören.)

Angesichts der immer noch schwierigen Versorgungslage spricht Hans Böckler sich für eine Wirtschaft aus, in der die Bedarfsdeckung Vorrang vor dem persönlichen Gewinnstreben haben soll.

"Wir wollen weder mit Ihnen noch mit dem besitzenden Schichten darüber rechten, ob eine liberale Wirtschaftsordnung unter bestimmten Voraussetzungen erstrebenswert ist oder nicht. In unserem armen Deutschland liegen solche Voraussetzungen jedenfalls nicht mehr vor, so dass wir, selbst wenn wir anders wollten, einfach gezwungen sind, vom Individualprinzip in der Wirtschaft zum Gemeinschaftsprinzip zu kommen. (Beifall)
 
Als Gewerkschafter jedenfalls müssen wir immer wieder betonen, dass wir das neoliberalisierende Spiel, das heute in Westdeutschland Geltung hat, für mehr als bedenklich halten. In unseren Reihen kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die derzeitige Wirtschafts- und Sozialordnung und die beiden entsprechende Politik unter keinen Umständen die Ordnung sein kann, unter der wir in dem Notstands- und Elendsgebiet, zu dem Deutschland nach dem Kriege geworden ist, leben und wieder gesunden können."

Auszüge aus der Rundfunkerklärung Hans Böcklers zur Mitbestimmung  im Bergbau und in der Montanindustrie am 30. Januar 1951

Spielzeit: etwa 4½ Minuten

Auszug anhören (mp3)   

Erst nach Massenkündigungen und Streikdrohungen kommt es zu einer Einigung über die Mitbestimmung im Bergbau und in der Montanindustrie. Böckler erklärt im Rundfunk, dass die Streiks abgewendet sind und bedankt sich bei allen, die den Forderungen der Gewerkschaften Nachdruck verliehen haben. Jetzt, erklärt er, gehe es darum, die Mitbestimmung auch in anderen Teilen der Wirtschaft zu verankern.

 "Verehrte Hörerinnen und Hörer, Kolleginnen und Kollegen! In allen Betrieben der Eisen- und Stahlindustrie und im Bergbau wird am 1. Februar gearbeitet werden. Die von den Arbeitern und Angestellten der Metallindustrie ausgesprochenen Kündigungen gelten als zurückgenommen. Der Streik im Bergbau wird nicht durchgeführt. Der Bundesausschuss des Deutschen Gewerkschaftsbundes hat einstimmig der Vereinbarung zwischen Vertretern der Unternehmen und der Gewerkschaften zugestimmt. Die Bundesregierung, vertreten durch den Herrn Bundeskanzler, der zeitweilig an den Verhandlungen beteiligt war, hat die bindende Erklärung abgegeben, unverzüglich Bundestag und Bundesrat ein Gesetz zu unterbreiten, durch dessen Annahme die zwischen den Sozialpartnern getroffenen Vereinbarungen geltendes Recht werden.
Nach dem Erlass dieses Gesetzes werden die Aufsichtsräte in den beiden Grundstoffindustrien künftig paritätisch besetzt sein. Außerdem erhält jeder Betrieb einen Arbeitsdirektor als gleichberechtigtes Vorstandsmitglied. Damit ist in der Eisen- und Stahlindustrie und im Bergbau ein erster Schritt auf dem Weg zur Neuordnung der deutschen Wirtschaft getan. Die übrigen Wirtschaftszweige werden folgen müssen.

Wir wissen: Es war für viele gewiss nicht leicht, ein Arbeitsverhältnis das zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahre und länger bestanden hat, zu kündigen. Nahezu 200 000 Menschen in der Stahl- und Eisenindustrie haben dennoch diesen Schritt getan, und weitere Hunderttausende von Arbeitern und Angestellten des Bergbaus waren bereit, ebenfalls die Arbeit niederzulegen, wenn ihnen ihr Recht noch länger verweigert worden wäre.
Die Gewerkschaftsleitungen wussten auch, dass die Familienangehörigen sich ernsthafte und bange Sorgen machten, was im Fall einer Arbeitsniederlegung am 1. Februar werden solle. Dass nahezu 800 000 trotzdem bereit waren, ihren Arbeitsplatz zu verlassen, das bekundet, wie tief das Verlangen in unserem Volke nach gleichberechtigter Anerkennung der arbeitenden Menschen in der Wirtschaft Wurzeln geschlagen hat.

Namens der deutschen Gewerkschaften spreche ich als Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes allen, die zum Kampf entschlossen waren, Dank und Anerkennung des Bundes aus, einen besonderen Dank aber vor allem  jenen Frauen, die nicht zögerten, die Notwendigkeit des Kampfes um Recht und Gerechtigkeit  anzuerkennen. Zusammen mit ihren arbeitenden Männern, Schwestern und Brüdern haben sie endlich erreicht, wofür mehr als ein halbes Jahrhundert gekämpft und geopfert wurde. Nur wenige der in den beiden großen Industriezweigen Beschäftigten waren nicht bereit, das letzte gewerkschaftliche Kampfmittel einzusetzen. Hätte die berühmte Mehrheit so wie sie gezaudert, dann wäre auch die jetzt angestrebte Regelung noch nicht zu Stande gekommen. Der Ausgang der Aktionen in Kohle, Eisen und Stahl wird ihnen hoffentlich eine gute Lehre sein."

Auszüge aus der Rundfunkerklärung Hans Böcklers zur Mitbestimmung  im Bergbau und in der Montanindustrie am 30. Januar 1951 

Spielzeit: etwa 4 Minuten

Auszug anhören (mp3)

 Die Gleichberechtigung von Arbeit und Kapital und damit die Demokratisierung der Wirtschaft ist das zentrale Anliegen Hans Böcklers. Er äußert sich überzeugt davon, dass sie die Freiheit stärken und sie nicht schwächen werde - diese Überzeugung untermauert er mit einem Zitat aus Friedrich Schillers Gedicht "Die Worte des Glaubens".

"Nicht der Wille zur Macht, hat die Gewerkschaften - wie man ihnen böswillig unterstellt - bestimmt, eine gleichberechtigte Stellung für die Arbeitnehmer in der Wirtschaft zu fordern, sondern vor allem die Erkenntnis, dass der politischen Demokratie, soll sie nicht ein weiteres Mal nach Nachteil des Volkes und der ganzen Welt missbraucht werden, die wirtschaftliche Demokratie zur Seite gestellt werden muss.
Daneben beseelt die arbeitenden Schichten der ernste Wille, dem Kapital mindestens gleichgestellt zu werden. Denn die Arbeitskraft ist die Quelle allen Wohlstandes in der Welt, sie allein vermag Kapital zu erzeugen und sie ganz allein muss es dann noch beleben, um es überhaupt wirksam werden zu lassen.
In diesem Zusammengang sei mir gestattet, die verleumderischen Behauptungen, der Weg der Mitbestimmung müsse zwangläufig zu Konzentrationslagern, zu persönlicher und politischer Unfreiheit führen, mit allem Nachdruck zurückzuweisen.

Das Gegenteil ist ja richtig. 'Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht; vor dem freien Mann erzittert nicht!' Ein politisch freier Mensch, ein Wirtschaftsbürger, wie wir in schaffen wollen, wird niemals Konzentrationslager und Unfreiheit dulden. Darum sind wir Gewerkschafter stets so zukunftsfreudig.
Mit der jetzt geschaffenen Regelung ist freilich erst in einem Teil der Wirtschaft, wenn auch in einem wichtigen, ein Fortschritt in der Richtung des Mitbestimmungsrechtes erzielt. Aber es ist endlich die Tür geöffnet, die Bahn ist freigemacht! Nächstes Ziel aber soll sein die Neuordnung der Wirtschaft, auch aller anderen Teile unserer Wirtschaft und des öffentlichen Dienstes -  sowohl innerbetrieblich als auch auf der mittleren und höheren Ebene.

Wir stehen am Anfang einer neuen Wirtschaftsverfassung. Wir, die Gewerkschaften, sind uns der ganzen Verantwortung bewusst, die wir mit dieser Regelung auf uns genommen haben. Hochwertigste Menschen, ausgerüstet mit bestem Können und aufrechtem Charakter, werden wir als Vertreter in die Aufsichtsräte und  Vorstände der Unternehmungen entsenden. Das letzte Ziel aber, dem alle unsere Anstrengungen gelten, muss sein, die Produktion und damit die Lebensmöglichkeit des gesamten Volkes zu verbessern. Unser Land kann es sich nicht leisten, dass Millionen Arbeitswilliger und Arbeitsfähiger ohne Arbeitsplatz sind."

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