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Magazin Mitbestimmung

Von MARC VON LüPKE: Ein deutscher Konzern baut eine Riesenbrücke für Venezuela

Ausgabe 09/2016

Fundstück Zwischen 1959 und 1962 baut die Philipp Holzmann AG in Südamerika eine der längsten Brücken der Welt.

Von MARC VON LüPKE

Die Stadt Maracaibo im Westen Venezuelas, im Jahr 1529 als Neu-Nürnberg gegründet, hat ein Problem. Sie liegt an einem gigantischen Binnenmeer, dem Maracaibo-See. Früher war das Gewässer ein Verkehrsweg. Doch im Zeitalter von Eisenbahn und Automobil ist es eher ein Verkehrshindernis. Wer die Gegend um Maracaibo in einem Landfahrzeug erreichen will, ist auf eine überlastete Fähre angewiesen oder muss einen Umweg von mehreren hundert Kilometern in Kauf nehmen. Ist es möglich, an einer Engstelle, die immer noch neun Kilometer breit ist, eine Brücke zu errichten?

In dieser Größe hat noch niemand so etwas gewagt – ein Fall für die Philipp Holzmann AG. Der Baukonzern ist Teil eines deutschen Konsortiums, das seit 1959 eine gewaltige Brücke über den See baut. Autos und Züge sollen darüber fahren, die Stadt endlich mit dem Rest des Landes verbinden. Mit seinem Entwurf einer Schrägseilbrücke aus Beton gewinnt der italienische Ingenieur Riccardo Morandi die Ausschreibung. Auf fast 100 Millionen Dollar werden die Baukosten veranschlagt. 8678 Meter wird das Bauwerk schließlich reichen.

Hunderte Bohrungen treiben die Arbeiter in den weichen Grund des Sees. Über 700 Bohrpfähle, bis zu über 50 Meter lang und über 100 Tonnen schwer, werden in den Boden gerammt, um der Brücke sicheren Halt zu geben. Bis zu 18 Meter tief ist das Gewässer im Verlauf der Brücke, darunter tiefe Schichten aus Schlick und Sand. 1958, ein Jahr bevor die Arbeiten beginnen sollen, stocken die Planungen. Ein Aufstand stürzt den venezolanischen Diktator Marcos Pérez Jiménez. Die Nachfolgeregierung des an Erdöl reichen Landes will sparen.

Aus diesem Grund wird die Eisenbahntrasse für die neue Brücke gestrichen, auch das ursprüngliche Konzept wird verworfen. Eigentlich sollte eine 400 Meter lange Durchfahrt, an der die Fahrbahn an über 90 Meter hohen Pylonen in die Höhe gebaut wird, Öltankern die Passage erlauben. Jetzt  sind stattdessen fünf kleine, rund 235 Meter lange Öffnungen vorgesehen. Drei Jahre nach Baubeginn kann das Bauwerk schließlich im August 1962 eröffnet werden. Benannt wird es nach General Rafael Urdaneta, einem südamerikanischen Unabhängigkeitskämpfer aus dem 19. Jahrhundert.

1964 kommt es zu einemUnglück. Ein Öltanker kollidiert mit der Brücke. Teile stürzen ein. Sieben Menschen sterben. In aller Eile wird das Bauwerk repariert. In dem krisengeschüttelten Land zeugt es bis heute von einer technischen Meisterleistung.

Foto: Bildarchiv Philipp Holzmann beim Hauptverband der Deutschen Bauindustrie

Rätselfragen

1. An welche deutsche Familie von Großkaufleuten waren Teile des heutigen Venezuelas im 16. Jahrhundert von Kaiser Karl V. verpfändet worden?

2. In welchem Jahr stellte der Baukonzern Philipp Holzmann AG letztmalig einen Insolvenzantrag?

3. Wie hieß der 1830 gestorbene Anführer des südamerikanischen Freiheitskampfes gegen die spanischen Kolonialherren?

Alle richtigen Einsendungen, die bis zum 30. November 2016 bei uns eingehen, nehmen an einer Auslosung teil.

Preise

1. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 100 Euro

2.–4. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 50 Euro

Schicken Sie uns die Lösung

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Hans-Böckler-Straße 39

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E-Mail: redaktion@boeckler.de

Fax: 0211/7778-225

Auflösung der Rätselfragen 3/2016

Ludwig Rosenberg

2000

Athen

Den 1. Preis hat Silke Deckers aus Issum gewonnen. Je einen 50-Euro-Gutschein erhalten Tim Lukas Debus aus Hilchenbach, Manfred Krane aus Bochum und Susanne Bressan aus Berlin.

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