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Magazin Mitbestimmung

: Editorial

Ausgabe 10/2003

Umstellt von Möglichkeiten

Von Kay Meiners kay-meiners@boeckler.de

"Flexicurity" heißt der neue Arbeitsschwerpunkt der Hans- Böckler-Stiftung - ein Kunstwort, zusammengesetzt aus den englischen Begriffen für Flexibilität und Sicherheit. Das Wort ist sperrig - man sieht ihm an, dass es nicht auf der Straße entstanden ist, sondern in den Denkfabriken der Sozialwissenschaftler. Aber es hat trotzdem etwas mit uns zu tun.

Der Mensch ist heute "von Möglichkeiten umstellt" - dieser Ausdruck stammt von dem Sozialforscher Gerhard Schulze, der im Jahr 1993 das Buch "Die Erlebnisgesellschaft" geschrieben hat. Hans- Jürgen Arlt zitiert ihn in seinem Beitrag über die Sicherheitsrhetorik "linker" und "rechter" Ideologiesysteme (Seite 40), weil er unsere Lage so treffend beschreibt: Es ist gut, die Wahl zu haben, aber mit ihr ist auch der Zwang zur Entscheidung verbunden.

In einer Welt, deren Koordinaten sich permanent ändern, setzt Sicherheit Flexibilität zwingend voraus. Das soll das Titelbild ausdrücken, das der Grafiker Roland Henß für uns entworfen hat - inspiriert von den "safety cards", jenen Sicherheitshinweisen aus Flugzeugen, die er seit Jahren sammelt, und von dem scheinbar harmlosen Bild "Girl with ball", in dem der Künstler Roy Lichtenstein im Jahr 1961 die Konsumästhetik amerikanischer Zeitschriften ironisch verarbeitete.

"Flexicurity" ist noch kein fertiges Politikkonzept, es ist ein analytischer Begriff, der viele Forschungsprojekte der Hans-Böckler-Stiftung begleitet. Er legt fest, in welche Richtung Fragen gestellt werden - aber er bestimmt noch nicht das Ergebnis. Denn immer muss über beide Seiten des Begriffes verhandelt werden - damit sich niemand einseitige Flexibilität als Sicherheit verkaufen lässt oder trügerische Sicherheit als Flexibilität.

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