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Rätselhaftes Fundstück: Die Festung vor dem Fall

Ausgabe 01/2016

Die Satirezeitung „Der wahre Jacob“ ist im 19. Jahrhundert die beliebteste Zeitung für Sozialdemokraten. Mit beißendem Spott wirbt sie für den Achtstundentag. Von Marc von Lüpke

 Die Festung des Kapitalismus steht kurz vor dem Fall. Zumindest in der Karikatur von Otto Marcus, die 1895 in der populären SPD-Satirezeitschrift „Der wahre Jacob“ erscheint. Die Unternehmer stehen entsetzt auf den Zinnen, eine rot gekleidete weibliche Figur hat eine Bresche in die Festung geschlagen – und die geknechteten Arbeiter befreit. Dazu gießt die Zeitung Spott über die Unternehmer aus: „Wie stolz die Zwingburg sich erhebt, man merkt, wie sie im Grund erbebt. Es tobt und lärmt die Protzenschaft, doch sieh‘, wie dort die Bresche klafft. Des Volkes lange Qual und Plag‘ wird kürzen der Achtstundentag.“ „Acht Stunden arbeiten, acht Stunden schlafen und acht Stunden Freizeit und Erholung“, so bringt der britische Unternehmer und Sozialreformer Robert Owen schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts seine sozialreformerische Idee auf den Punkt. Doch die Wirklichkeit in Europa sieht anders aus. Ein Millionenheer schuftet zwölf bis 14 Stunden pro Tag. 

Kein Wunder, dass die Einführung des Achtstundentages eines der zentralen Anliegen der Gewerkschaftsbewegung bildet. Der Staat hält sich dagegen mit Eingriffen in die Arbeitszeit lange zurück. Auf keinen Fall dürfe die deutsche Industrie „konkurrenzunfähig mit dem Auslande“ werden, erklärt Reichskanzler Otto von Bismarck 1885 seine Ablehnung einer Arbeitszeitbegrenzung. Erst nach Ende des Ersten Weltkrieges wird der Achtstundentag in Deutschland Realität. 

Am 9. November 1918 dankt Kaiser Wilhelm II. im Zuge der Revolution ab, sechs Tage später verständigen sich Unternehmer und Gewerkschaften im „Stinnes-Legien-Abkommen“. Die Angst vor Verstaatlichungen hat die Arbeitgeber verhandlungsbereit gemacht. 

Der Gewerkschafter Carl Legien vertritt die Arbeiterinteressen, der Ruhrbaron Hugo Stinnes die Interessen der Unternehmer. Notgedrungen akzeptieren sie die Einführung des Achtstundentages. Lange soll die Vereinbarung keinen Bestand haben. Bereits 1923 weicht eine neue Arbeitszeitverordnung die Regelung auf. 

Unter dem Motto „Fünf Tage sind genug, für eine 40-Stunden-Woche“ nimmt der DGB am 1. Mai 1955 den Kampf für den Achtstundentag wieder auf. Seitdem setzt er sich in immer mehr Branchen durch. Seit 1994 beschränkt zusätzlich das Arbeitsschutzgesetz die tägliche Arbeitszeit auf diese Stundenzahl. Noch im vergangenen Jahr, 2015, versuchten die Arbeitgeber erneut, gegen diese Regel zu mobilisieren.

Rätselfragen

Wie hieß die von Robert Owen betriebene Baumwollverarbeitungsfabrik in Schottland?

Welchen Beruf erlernte Carl Legien?

In welches Land ging Wilhelm II. nach seiner Abdankung 1918 ins Exil?

Alle richtigen Einsendungen, die bis zum 30. März 2016 bei uns eingehen, nehmen an einer Auslosung teil.

Preise

1. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 100 Euro, 

2. – 4. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 50 Euro

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Redaktion Mitbestimmung 

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Auflösung derRätselfragen 12/2015

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