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Magazin Mitbestimmung

Mein Arbeitsplatz: Bergmann Recycling

Ausgabe 11/2012

Anika Beller-Kraft, 37, Modedesignerin, fertigt für ihr Modelabel „zechenkind“ aus ehemaliger Bergmannskleidung Taschen, Schlüsselbänder, Handy- und Laptophüllen. Die gebürtige Dortmunderin hat viele Qualifikationen: die gelernte Orthopädiemechanikerin hat auch Journalismus studiert.

Dortmund, Huckarder Straße 10–12 „Als Kind dieser Region, die der Bergbau zu dem gemacht hat, was sie heute ist, fand ich eines immer schade: Es gibt kaum Modelabel mit Bezug aufs Ruhrgebiet. Meine Mutter ist Schneiderin und so habe ich selbst begonnen Taschen aus Kaffeebohnensäcken zu nähen. Weil die im Freundeskreis klasse ankamen, suchte ich nach einem anderen, einzigartigen Material. Und fand es in der gereinigten und recycelten Bergarbeiterkleidung. Für dieses Konzept habe ich bei zwei Gründerwettbewerben einen Preis gewonnen, was eine gute finanzielle Starthilfe war. Anfangs habe ich alles in Eigenarbeit von zu Hause aus gemacht – vom Entwurf über die Fertigung bis zur Akquise. Doch als nach einem Fernsehbeitrag über mein Modelabel „zechenkind“ innerhalb von wenigen Stunden 200 Bestellungen eingingen, war mir klar: Jetzt gehts richtig los.

Mittlerweile habe ich ein Atelier im Union-Gewerbehof in Dortmund, einem Kreativzentrum in einem alten Industriegebäude. Meine Arbeitszeiten sind sehr variabel, je nachdem, wie viel zu tun ist. Je erfolgreicher es läuft, desto weniger habe ich Zeit für Kreativität. Umso mehr bin ich dann mit Büroarbeiten beschäftigt, bestelle Material und mache die Buchhaltung. Seit Monaten arbeite ich nun an meiner neuen Kollektion, die Ende 2012 erscheint. Dass ich die Taschen über meinen Internetshop weltweit verkaufen kann und sie sogar in Mexiko, Vietnam oder Australien getragen werden, macht mich superglücklich.

Meine Produktionsstätte liegt mitten im Ruhrgebiet. Dort werden die blau-weiß gestreiften Bergmannsjacken und die Hemden, die ich aus ehemaligen Zechen beziehe, aufgetrennt, zerschnitten und nach meinen Vorgaben individuell zusammengesetzt. Wichtig ist mir die Nachhaltigkeit. Das Alte wird für Neues genutzt. Und das sieht man auch. So steckt in jeder meiner Taschen, in jedem Accessoire ein Stück Ruhrgebiet, alles wird vor Ort handgefertigt und ist einzigartig wie die Menschen hier: derb, praktisch und schnörkellos.“

Textdokumentation: Anja Scheve

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