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HBS Böckler Impuls

Familienförderung: Vereinbarkeit: Der Norden macht's vor

Ausgabe 08/2006

Ein einkommensabhängiges Elterngeld, wie es die Bundesregierung plant, hat sich in Nordeuropa bewährt. Es trägt dazu bei, dass mehr Frauen mit Kindern erwerbstätig sein können - vorausgesetzt, es gibt zudem genügend Betreuungsangebote.

Bislang zählt Deutschland zu den europäischen Ländern, in denen sich die Geburt eines Kindes besonders deutlich auf die Erwerbstätigkeit seiner Mutter auswirkt. Während bei kinderlosen Frauen zwischen 20 und 49 die Beschäftigungsquote bei knapp 80 Prozent liegt, sinkt sie bei Frauen mit Kindern unter 12 Jahren auf lediglich 60 Prozent. Der Abstand ist nur in Großbritannien, Tschechien, Ungarn, der Slowakei und Estland noch größer, zeigt der WSI-FrauenDatenReport 2005.

Erheblich besser bei der Müttererwerbstätigkeit - und bei der Geburtenrate - schneiden Länder ab, in denen es bereits ein Elterngeld gibt. Das sind vor allem die nordischen EU-Mitglieder Dänemark, Schweden und Finnland sowie Norwegen und Island. Bei Unterschieden im Detail haben die Regelungen zwei Punkte gemeinsam: Mütter oder Väter erhalten in der Kinderpause als Lohnersatzleistung einen relativ hohen Anteil ihres letzten Gehalts - meist zwischen 65 und 90 Prozent bis zu einer Obergrenze. Dafür ist der Zeitraum, über den das Elterngeld gezahlt wird, vergleichsweise kurz: zwischen einem halben Jahr in Finnland oder Island und 13 Monaten in Schweden.

Beides ist sinnvoll, betont WSI-Expertin Christina Klenner: "Das Elterngeld setzt das richtige Signal, indem es auf einen kürzeren Ausstieg aus dem Berufsleben und die Teilung der Elternverantwortung mit dem Vater orientiert." Daten der EU-Kommission zeigen, dass die Botschaft wenigstens teilweise auch bei den Männern ankommt. So nehmen in Finnland und Dänemark knapp zehn Prozent der Väter Elternzeit, in Schweden, wo faktisch zwei Monate für den Vater reserviert sind, sogar jeder Dritte. In Deutschland sind es dagegen fünf Prozent. Und überdurchschnittlich viele deutsche Väter gaben in einer europäischen Vergleichsstudie an, sie könnten es sich finanziell nicht leisten, ihre Berufstätigkeit zu unterbrechen.

Nachhaltig wirken dürfte das Elterngeld aber nur, wenn gleichzeitig die öffentlichen Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren stark ausgebaut werden, zeigen die WSI-Analysen: "Sonst hätten Mütter von Einjährigen nur dann eine Chance, auf ihren Arbeitsplatz zurückzukehren, wenn sie ein hohes Einkommen haben und private Betreuungslösungen finanzieren können", sagt Klenner. Das Problem mangelnder Vereinbarkeit von Beruf und Familie würde dann höchstens zeitlich etwas nach hinten verschoben.

  • In Nordeuropa wird ein einkommensunahängiges Elterngeld ausgezahlt. Zur Grafik

WSI-FrauenDatenReport 2005, edition sigma, Berlin 2005. mehr zum FrauenDatenReport

Mehr zum Thema Vereinbarkeit in: Böckler Impuls 14/2005.

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