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HBS Böckler Impuls

Arbeitszeit: Trend zu ungesunden Arbeitszeiten

Ausgabe 12/2008

Die Beschäftigten in Deutschland arbeiten häufiger in Wechselschicht, nachts oder deutlich über 40 Wochenstunden. Damit verbundene Belastungen können zu frühem Verschleiß führen.

Jeder sechste Neu-Rentner ging 2006 wegen verminderter Erwerbsfähigkeit in den Ruhestand. Diese hohe Quote könnte Bestand haben - denn mehr als die Hälfte der derzeit Beschäftigten erwartet, dass sie im höheren Alter kaum noch arbeitsfähig sein werden. "Sollten sich die Arbeitszeittrends der letzten Jahre fortsetzen, werden sich die Bedingungen für einen längeren Verbleib im Berufsleben verschlechtern", warnt Hartmut Seifert, Leiter des WSI. Vor allem die gleichzeitigen Trends von zu langer und atypisch gelegener Arbeitszeit während der Nacht und im Schichtbetrieb bringen höhere Belastungen mit sich.

Länger: Wer eine Vollzeitstelle hat, arbeitet zunehmend länger. Von 2002 bis 2007 stieg die durchschnittliche Wochenarbeitszeit um etwa 40 Minuten auf 40,3 Stunden. Fast jeder Dritte leistet 42 und mehr Stunden - obwohl die Effizienz nach der achten Arbeitsstunde deutlich abnimmt und das Unfallrisiko steigt. Seifert weist auf ein weiteres Problem hin: Nach einem langen Arbeitstag fällt es schwer, noch Zeit und Energie für Weiterbildung aufzubringen.

Atypisch: Seit den 90er-Jahren wächst der Anteil der Beschäftigten mit Wechselschichten spürbar. Jeder Siebte arbeitet nachts, jeder Sechste im Schichtdienst. Damit sind Risiken verbunden: "Nachtarbeit und Wechselschichtarbeit gefährden die Gesundheit. Schlafstörungen, Magen- und Verdauungsbeschwerden oder Herzschmerzen treten häufiger auf als bei Beschäftigten mit Normalarbeitszeit, die durchschnittliche Krankheitsdauer ist länger."

Wie sehen Arbeitsbedingungen aus, die Beschäftigten einen langen Verbleib im Erwerbsleben ermöglichen? Seifert zufolge ist es vorrangig, den Trend zu längeren Arbeitszeiten zu stoppen. Außerdem empfiehlt er, keine Anreize mehr zu setzen, sich phasenweise zu überarbeiten: Statt Geldzuschläge für Nacht- und Schichtarbeit wäre ein zügiger Freizeitausgleich denkbar. Auch die Altersteilzeit kann helfen, Belastungen zu dosieren. Und wer über Jahre nachts und in Schichten gearbeitet hat, sollte in den Genuss eines vorzeitigen Renteneintritts ohne Abschläge oder verminderte Arbeitszeiten kommen.

  • Mehr und mehr Menschen arbeiten außerhalb der üblichen Öffnungszeiten. Der Anteil der Beschäftigten in Nacht- und Schichtarbeit ist hoch – das gilt für fast alle Altersklassen. Zur Grafik

Hartmut Seifert: Alternsgerechte Arbeitszeiten, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 19/2008

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