zurück
HBS Böckler Impuls

Umwelt: Soziale Klimapolitik

Ausgabe 02/2010

Effektiver Klimaschutz würde fossile Energie ­deutlich verteuern. Damit daraus keine sozialen Schieflagen entstehen, müssen Klima- und Sozialpolitik aus einem Guss sein.

Der Klimawandel ist nur aufzuhalten, wenn höhere Preise für Energie und energieintensive Güter und Dienstleistungen Anreize zur Entwicklung besserer Technik und zu sparsamerem Verhalten setzen. Doch die Angst vor sozialen Verwerfungen als Folge einer erheblichen Verteuerung des gewohnten Lebensstils hält Politiker in westlichen Ländern von weit reichenden umweltpolitischen Maßnahmen ab. Südliche Länder befürchten, Klimaschutz stehe der wirtschaftlichen Entwicklung entgegen. Dabei ist klar: Wenn der Ausstoß klimaschädlicher Gase nicht in naher Zukunft deutlich zurückgeht, wird der Klimawandel Nord und Süd am Ende noch viel teurer zu stehen kommen - wirtschaftlich wie sozial. Einen möglichen Ausweg aus diesem Dilemma skizziert der Umweltexperte Professor Felix Ekardt in einer Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung.

Ein Ökobonus für jeden. Der Wissenschaftler schlägt vor, den Emissionshandel auf den gesamten Verbrauch fossiler Energien auszudehnen, dabei erheblich ehrgeizigere Reduktionsziele zu setzen - und die Erlöse in jedem Staat gleichmäßig unter den Bürgern zu verteilen. Dieser Ökobonus soll einen Ausgleich für Preissteigerungen bei Energie und den Produkten energieintensiver Industrien bieten. Der Mechanismus würde eine Klimapolitik ohne übermäßige soziale Härten ermöglichen, erwartet der Wissenschaftler: "Da der Ökobonus jedem zukommt, aber die Gutverdienenden als Energiemehrverbraucher mehr zu ihrer Finanzierung beitragen, hebt dies eine etwaige soziale Schieflage der Klimapolitik auf." Bisher eingesetzte umweltpolitische Instrumente mit ungünstigen Verteilungswirkungen würden überflüssig. Etwa klimapolitisch motivierte Förderprogramme oder Steuererleichterungen, die nur Wohlhabenden zugute kommen. Ein anderes Beispiel ist die Ökosteuer, die zwar hilft, die Rentenversicherungsbeiträge stabil zu halten, damit aber nur Menschen mit Job finanziell nützt.

Hinter dem Vorschlag zum Ökobonus steht auch der Gedanke, dass ein stabiles Weltklima ein öffentliches Gut ist, auf das alle Menschen weltweit den gleichen Anspruch haben. Daher wäre es konsequent, alle gleichermaßen für Beeinträchtigungen des Klimas durch den Ausstoß von Treibhausgasen zu entschädigen. Ekardt zufolge kommt damit auch ein "grundlegendes Recht auf gesicherten Energiezugang" zum Ausdruck: Wenn jemand genauso viel Energie - und die damit verbundene Klimabelastung - in Anspruch nimmt, wie nach Maßgabe der politisch vorgegebenen Emissionsziele pro Person zur Verfügung steht, dann heben sich empfangener Ökobonus und gezahlte Emissionsabgaben genau auf. Wer besonders ressourcenschonend lebt, macht Gewinn. Und wer überdurchschnittlich viel Energie verbraucht, zahlt drauf. So ließen sich nach Ekardt soziale Verteilungsgerechtigkeit und Klimaschutz verbinden. Als konkrete Maximalwerte für den globalen Kohlendioxid-Ausstoß nennt der Wissenschaftler fünf Tonnen je Erdbewohner und Jahr, bis 2050 sollte der Wert auf 0,5 Tonnen sinken.

Sozialer Ausgleich zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Das Modell würde nicht nur zur gerechten Lastenverteilung innerhalb eines Landes beitragen - etwa indem Hartz-IV-Empfänger qua Ökobonus von höheren Abgaben der Besserverdiener auf Kauf und Betrieb klimaschädlicher Geländewagen profitieren. Auch zwischen Industrie- und Entwicklungsländern käme es zu einem Ausgleich: Da Energieverbrauch und Schadstoffausstoß pro Person in entwickelten Ländern wesentlich höher sind als in weniger entwickelten Staaten, wären beispielsweise die Europäer ständig gezwungen, mehr Emissionsrechte zu kaufen. So käme ein permanenter Geldfluss in ärmere Länder in Gang.

Ist das politisch durchsetzbar? Ekardt weist darauf hin, dass es durchaus starke internationale Organisationen gibt, denen es gelingt, weltweit bestimmte Spielregeln durchzusetzen. Als Beispiel nennt er die Welthandelsorganisation. Nach diesem Vorbild ließe sich das bereits existierende Klimasekretariat der Vereinten Nationen ausbauen.  

  • Im Ökobonus-Modell verschwinden die Erlöse aus dem Zertifikate-Handel nicht in einem öffentlichen Haushalt, sondern werden direkt an die Bürger ausgeschüttet. Zur Grafik

Felix Ekardt: Soziale Gerechtigkeit in der Klimapolitik, Gutachten für die Hans-Böckler-Stiftung, Januar 2009

Impuls-Beitrag als PDF

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen