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HBS Böckler Impuls

Studiengebühren: Mehr Bürokratie für weniger Studenten

Ausgabe 15/2005

Studiengebühren können die Finanzierungslücke an deutschen Hochschulen nicht schließen, prophezeit eine Studie des Instituts für Hochschulforschung der Universität Halle-Wittenberg (HoF). Außerdem machen Gebühren bürokratischen Aufwand nötig - und sie reduzieren die Studentenzahlen.

Studiengebühren bleiben umstritten. Kritiker bangen, dass sie sozial Schwachen den Zugang zum Studium blockieren. Hochschulvertreter befürworten sie, weil sie sich davon ein höheres Budget für Dozenten und Bibliotheken versprechen. Tatsächlich wird der endgültige Beitrag der Studiengebühren zur Finanzierung der Hochschulen viel geringer ausfallen als gemeinhin angenommen, errechnete das HoF. 100 Millionen Euro könnten in der Bürokratie versickern.

Die Autoren schätzen die potenziellen Einnahmen in ganz Deutschland auf 1,7 Milliarden Euro im Jahr. Einkalkuliert haben sie einen Rückgang der Studierendenzahlen von heute 1,9 Millionen um zehn Prozent - so viele würden sich vom Studieren abschrecken lassen oder das Studium abbrechen. Doch Studiengebühren müssen laut Bundesverfassungsgericht sozialverträglich gestaltet sein. Nicht alle Studierenden brauchen also zu zahlen. Wer befreit wird, ist im Einzelfall zu prüfen: durch bürokratischen Aufwand. Ausnahmen und Bürokratiekosten berücksichtigt, bleiben laut HoF-Rechnung 1,1 Milliarden Euro übrig. Damit lässt sich der Finanzbedarf der Universitäten und Fachhochschulen nicht decken.

Die akute Unterfinanzierung der deutschen Hochschullandschaft taxieren die Forscher auf jährlich drei bis vier Milliarden Euro. So viel wäre nötig, um nur gesetzliche Vorgaben und den elementaren Bedarf zu decken. Nimmt man als Zielgröße die Ausgaben, die andere OECD-Länder vom Bruttosozialprodukt für ihre Hochschulen aufwenden, dann fehlen gar zehn Milliarden Euro im Jahr. Studiengebühren würden nur ein Zehntel der benötigten Summe beisteuern können. Ob sie das dann auch wirklich tun, ist allerdings fraglich, merken die Autoren an. Schließlich sei die Versuchung für die Finanzminister groß, die neue Finanzquelle als Vorwand zu nehmen, um den staatlichen Zuschuss an die Hochschulen zu senken.

  • Studiengebühren können die Finanzierungslücke an deutschen Hochschulen nicht schließen, prophezeit eine Studie des Instituts für Hochschulforschung der Universität Halle-Wittenberg (HoF). Außerdem machen Gebühren bürokratischen Aufwand nötig - und sie reduzieren die Studentenzahlen. Zur Grafik

Jens Hüttmann, Peer Pasternack: Studiengebühren nach dem Urteil, in: Arbeitsberichte des Instituts für Hochschulforschung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 5/2005.

Weitere Informationen:
Thorsten Lang: HIS-Dokumentation zu Studiengebühren/ Studienbeiträgen, Hannover, 2005 Teil I - Erwartete Effekte und internationale Erfahrungen; Teil II - Verfahren zur Sensititivitätsanalyse der Einnahmepotenziale von Studiengebühren - Einfluss verschiedener Darlehens-, Stipendien und Freiplatzlösungen.

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