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HBS Böckler Impuls

Ausbildung: Mehr Austausch in Europa

Ausgabe 17/2015

Die duale Berufsausbildung gilt international als vorbildlich. Auch Deutschland kann allerdings manches vom europäischen Ausland lernen.

Dass die Jugendarbeitslosigkeit hierzulande vergleichsweise gering ausfällt, wird oft als Beleg für die Überlegenheit des deutschen Ausbildungssystems gedeutet. Andererseits steht dieses System vor großen Herausforderungen: Laut der jüngsten Statistik der Bundesagentur für Arbeit gab es einen Monat vor Beginn des Ausbildungsjahres noch mehr als 120.000 unbesetzte Ausbildungsstellen und zugleich über 100.000 unversorgte Bewerber. Wo die Stärken der dualen Ausbildung liegen und was in anderen Ländern besser läuft, hat das Institut der deutschen Wirtschaft Köln zusammen mit der Hans-Böckler-Stiftung, der Konrad-Adenauer-Stiftung und der Vodafone Stiftung herausgearbeitet. Grundlage der Studie ist ein Vergleich der Berufsbildungssysteme von Deutschland, Großbritannien, Italien, Polen, Portugal, Schweden und der Schweiz.

Der Untersuchung zufolge gibt es zwar nicht das „eine“ ideale Ausbildungsmodell, das auf alle Länder übertragbar wäre. Die Experten konnten jedoch eine Reihe klarer Erfolgsfaktoren ausmachen. Dazu gehört die aktive Beteiligung von Unternehmen: Eine praxisnahe Ausbildung wie in Deutschland und der Schweiz erleichtere Jugendlichen den Einstieg in den Arbeitsmarkt. Ebenfalls vorbildlich sei die starke Einbindung der Sozialpartner in diesen Ländern. So entwickeln Vertreter der Arbeitgeber und der Gewerkschaften beispielsweise gemeinsam die Ausbildungsordnungen. Der technikneutrale, offene Zuschnitt mache es möglich, diese Ordnungen flexibel anzupassen, wenn sich berufliche Anforderungen verändern. Italien sei ein gutes Beispiel dafür, wie das Ausbildungsangebot regional flexibel gestaltet werden kann.Europaweiten Verbesserungsbedarf sehen die Wissenschaftler beim Thema Auslandsaufenthalte: Damit auch Azubis stärker von Erfahrungen in anderen Ländern profitieren können, sollten EU-Mobilitätsprogramme wie „Erasmus+“ stärker auf diese Gruppe ausgerichtet werden. Auch das Image der Berufsausbildung, die im Vergleich zu einem Studium oft als zweite Wahl gelte, sei ausbaufähig. Dazu beigetragen habe die zum Teil einseitige Ausrichtung der Berufsberatung, deren Empfehlungen in der Regel eher auf eine akademische Ausbildung hinauslaufen. Duale Studiengänge für leistungsstarke Jugendliche, wie sie unter anderem in Großbritannien angeboten werden, können der Studie zufolge helfen, die Berufsausbildung attraktiver zu machen. Dasselbe gelte für individuelle Unterstützung von Leistungsschwächeren, für die es in Polen, Portugal und Schweden erfolgreiche Beispiele gibt. Auch ein durchlässigeres Bildungssystem könnte die Akzeptanz erhöhen. In Deutschland ist es inzwischen zwar möglich, sich nach der Ausbildung und drei Jahren Berufserfahrung an einer Hochschule einzuschreiben. Allerdings seien mehr Unterstützungsangebote für Studienanfänger mit beruflichem Hintergrund nötig.


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