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HBS Böckler Impuls

Verteilung: Jedes fünfte Kind lebt in Armut

Ausgabe 01/2016

Die Kinderarmut verharrt auf hohem Niveau. Flüchtlingsfamilien sind besonders gefährdet.

Wer jünger als 18 ist, muss sich oft mit prekären Lebensverhältnissen arrangieren: 19 Prozent der Kinder in Deutschland lebten 2014 in einkommensarmen Haushalten. Das zeigt eine Analyse, für die WSI-Forscher Eric Seils aktuelle Daten des Mikrozensus ausgewertet hat. Demnach schneidet Bremen mit einer Quote von 33,1 Prozent von allen Bundesländern und Regierungsbezirken am schlechtesten ab, gefolgt von Sachsen-Anhalt mit 28,7 und Leipzig mit 27 Prozent. Die Regionen mit der niedrigsten Kinderarmut sind Oberbayern mit 9,1 Prozent, die Oberpfalz mit 9,6 Prozent und Tübingen mit 10,5 Prozent. Generell ist die Situation in Ostdeutschland, wo der Anteil der armen Kinder 24,6 Prozent beträgt, ungünstiger als im Westen, wo es 17,8 Prozent sind.

Zurückzuführen sind diese regionalen Differenzen nach Seils' Einschätzung vor allem auf unterschiedliche Arbeitsmarktbedingungen. Außerdem spiele die Zusammensetzung der Haushalte eine wichtige Rolle: Alleinerziehende, deren Anteil unter anderem in Bremen und den neuen Bundesländern relativ hoch, in Süddeutschland dagegen geringer ist, seien stärker gefährdet als Paare.

Vom Einfluss der Arbeitsmarktsituation zeugt auch die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre in Ostdeutschland: Dort ist die Arbeitslosenquote seit 2005 um mehr als zehn Prozentpunkte, die Kinderarmut um 4,4 Prozentpunkte gesunken. Unerfreulich fällt die Bilanz dagegen in Nordrhein-Westfalen aus, wo der Anteil der armen Kinder seit 2005 von 20,4 auf 23,6 Prozent zugenommen hat. Der Regierungsbezirk Düsseldorf ist mit 25,1 Prozent mittlerweile die Region mit der zweithöchsten Kinderarmut in Westdeutschland.

Merkliche Auswirkungen dürfte Seils zufolge die steigende Zahl von Asylsuchenden haben. Anlass zu dieser Einschätzung geben die Armutsquoten von Familien mit Kindern, die in der Vergangenheit eingewandert sind. Afrikaner mit Nachwuchs weisen mit 43,6 Prozent, Familien aus dem Nahen und Mittleren Osten mit 34,6 Prozent ein deutlich erhöhtes Armutsrisiko auf. Ein zentraler Grund: Unter Afrikanern sei die Arbeitslosenquote mit 14,3 Prozent fast dreimal so hoch wie in der Gesamtbevölkerung, so der WSI-Experte. Auch der Anteil der Minijobber liege weit über dem Durchschnitt.

Seils' Fazit: Die Kinderarmut sei zuletzt zwar leicht zurückgegangen – von 19,2 Prozent im Jahr 2013 auf 19 Prozent 2014. Die wachsende Zahl von Flüchtlingen dürfte sich aber in einem erneuten Anstieg niederschlagen. Um dem entgegenzuwirken, sei eine stabile Integration in den Arbeitsmarkt entscheidend. Wichtige Voraussetzungen dafür seien mehr Investitionen in die Qualifizierung von Zuwanderern und ausreichend Kinderbetreuungsplätze.

Eric Seils: Kinderarmut in Deutschland, WSI-Verteilungsmonitor Special Feature, Januar 2016

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