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HBS Böckler Impuls

Gender: Fortschritte nur in Aufsichtsräten

Ausgabe 04/2015

Der Frauenanteil in den Vorständen börsennotierter Unternehmen stagniert. Etwas besser sieht es bei den Aufsichtsräten aus. Dabei spielt die Mitbestimmung eine wesentliche Rolle.

Immer mehr traditionelle Männerbastionen geraten ins Wanken, zuletzt wurde Anfang des Jahres die erste Bischöfin der Church of England geweiht. Auf den Chefetagen der deutschen Wirtschaft tut sich dagegen wenig: Weibliche Führungskräfte seien in den großen Konzernen nach wie vor ausgesprochen selten, konstatiert Marion Weckes. Die Mitbestimmungsexpertin der Hans-Böckler-Stiftung hat untersucht, wie viele Frauen in den Führungsgremien der DAX-, MDAX-, SDAX- und TecDAX-Unternehmen vertreten sind. Ihrer Auswertung zufolge ist insbesondere der Anteil der weiblichen Vorstände „erschreckend gering“, in den vergangenen zehn Jahren habe es kaum Fortschritte gegeben. Deutlich mehr Frauen haben es in die Aufsichtsräte geschafft – vor allem auf der Arbeitnehmerseite.

Im Jahr 2005 habe der Frauenanteil unter den Vorständen gerade einmal 2 Prozent betragen, so Weckes, ab 2010 sei zunächst ein positiver Trend feststellbar gewesen, der sich zuletzt allerdings wieder umgekehrt habe. Gegenüber dem Vorjahr ist der Anteil 2014 von 6,2 auf 5,5 Prozent zurückgegangen. Nur ein Fünftel der 160 untersuchten Unternehmen kann überhaupt mit einem weiblichen Vorstandsmitglied aufwarten, in drei Vorständen gibt es zwei Frauen, mehr als zwei in keinem einzigen.

Etwas erfreulicher als bei den Vorständen ist der Auswertung zufolge die Entwicklung bei den Aufsichtsräten. Der Anteil der weiblichen Mitglieder, der 2005 knapp ein Zehntel betrug, ist seit 2010 kontinuierlich gestiegen, bis auf 18,8 Prozent im Jahr 2014. Mittlerweile haben 35 der DAX-, MDAX-, SDAX- und TecDAX-Unternehmen eine Aufsichtsrätin, bei 32 sind es zwei, bei 24 drei und bei 29 sogar mehr als drei. Dass es zuletzt zu diesem Anstieg gekommen ist, dürfte auch mit der Diskussion um eine Quote zusammenhängen, vermutet Weckes. Deutliche Unterschiede gibt es zwischen der Arbeitnehmer- und der Kapitalseite: Unter den Vertretern der Beschäftigten sind zu gut einem Viertel Frauen, bei den Vertretern der Anteilseigner sind es knapp 15 Prozent.

Dass Frauen in den Spitzengremien deutscher Konzerne immer noch stark unterrepräsentiert sind, hält Weckes auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht für problematisch. Managerinnen könnten einen substanziellen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten, indem sie zusätzliche Perspektiven und einen spezifischen Führungsstil einbringen. Zudem seien sie wichtig als Vorbilder und Mentorinnen für weibliche Nachwuchskräfte. Um Frauen den Zugang zu Vorstandsposten zu erleichtern, empfiehlt die Mitbestimmungsexpertin den Unternehmen, Mitarbeiterinnen gezielt zu fördern und objektive Kriterien für die Auswahl von Topmanagern festzulegen.

  • Der Anteil der weiblichen Vorstände ist nach wie vor extrem gering. Deutlich mehr Frauen haben es in die Aufsichtsräte geschafft - vor allem auf der Arbeitnehmerseite. Zur Grafik

Marion Weckes: Geschlechterverteilung in Vorständen und Aufsichtsräten (pdf), Report der Mitbestimmungsförderung in der Hans-Böckler-Stiftung Nr. 10, März 2015

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