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HBS Böckler Impuls

Arbeitsrecht: Diskussion ohne Fakten

Ausgabe 05/2006

Unter Hinweis auf die hohe Arbeitslosigkeit rückt immer wieder das Arbeitsrecht, vor allem der Kündigungsschutz, in die öffentliche Diskussion. Allerdings haben schon die bisherigen Gesetzesänderungen nicht zu mehr Beschäftigung geführt.

Dennoch wird weiterhin nachgedacht über die Anhebung der Wartezeit für den Kündigungsschutz von derzeit 6 auf bis zu 24 Monate. Ebenfalls im Gespräch: die Möglichkeit, schon bei der Einstellung gegen Abfindungszahlung auf den Kündigungsschutz zu verzichten. Oder gar das völlige Abschaffen des Kündigungsschutzes gegen Zahlung einer Abfindung.
 
Wie viele Arbeitnehmer würden im Falle einer Arbeitgeberkündigung wegen nicht erfüllter Wartezeit dann nicht mehr unter den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen? Oder: Wie teuer würden die vorgeschlagenen Abfindungsmodelle für die Arbeitgeber? Solche Fragen werden in vielen Reformvorschlägen kaum berücksichtigt.

Einen Anhaltspunkt zur Beantwortung dieser Fragen bietet die Dauer der Betriebszugehörigkeit gekündigter Arbeitnehmer. Sie entscheidet darüber, ob Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten die für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes erforderliche Wartezeit erfüllen. Und darüber, wie viele Monatsgehälter Abfindung der Arbeitgeber bei einer Kündigung zahlen müsste, wenn es eine solche Regelung gäbe.

Deshalb hat das WSI Daten einer repräsentativen Arbeitnehmerbefragung aus dem Jahr 2001 neu aufbereitet. Sie zeigen, wie lange entlassene Arbeitnehmer in Deutschland vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in dem kündigenden Betrieb tätig waren. Das Ergebnis: Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis im Zeitraum zwischen September 1999 und November 2000 aufgrund einer Arbeitgeberkündigung endete, waren im Durchschnitt 4,7 Jahre im Betrieb tätig.

Die Dauer der Betriebszugehörigkeit entlassener Arbeitnehmer streut allerdings stark. Betrachtet man daher den Median - das ist der Wert, unter und über dem jeweils 50 Prozent der gekündigten Arbeitnehmer liegen -, so zeigt sich, dass immerhin 50 Prozent der Entlassenen bereits innerhalb der ersten 1,7 Jahre nach Beschäftigungsbeginn gekündigt wurde. Eine Betrachtung nach Betriebsgrößen ergibt, dass mit zunehmender Größe auch die Dauer der Betriebszugehörigkeit steigt.

Eine Anhebung der Wartezeit beträfe Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten. Denn erst ab dieser Größe gilt das Kündigungsschutzgesetz. In diesen Betrieben waren entlassene Arbeitnehmer durchschnittlich 5,3 Jahre beschäftigt. Knapp die Hälfte der Entlassenen arbeiteten aber auch hier weniger als zwei Jahre im Betrieb. 

  • In kleineren Betrieben werden Beschäftigte eher nach kurzer Zeit entlassen. Zur Grafik

WSI-Befragung zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen in Zusammenarbeit mit Infratest Sozialforschung, 2001.

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