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HBS Böckler Impuls

Arbeitswelt: Crowdworker nicht allein lassen

Ausgabe 10/2018

Klickarbeiter im Internet haben wenige Rechte und sind kaum abgesichert. Sie werden von Unternehmen ausgenutzt – das könnte auch reguläre Arbeitsverhältnisse unter Druck setzen.

Crowdsourcing und Cloudwork – darunter können sich bislang nur wenige Beschäftigte etwas vorstellen. Dabei könnte hier die „Keimzelle für eine umfassende Gestaltung von Arbeit“ liegen. Zu diesem Ergebnis kommt Elisabeth Vogl vom Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung  (ISF). Die Forscherin hat untersucht, welche Bedeutung plattformbasierte Arbeitskonzepte für die Arbeitswelt der Zukunft haben. Dazu zählen Cloudwork, was allgemein für das Arbeiten in der „virtuellen Datenwolke“ steht, und Crowdsourcing, ein Prozess, bei dem Unternehmen Aufgaben über das Internet an eine unbestimmte, weltweit verteilte Menge an Menschen – die sogenannte Crowd – auslagern.

Die Arbeitskräfte der Crowd sitzen meist vor dem heimischen Rechner, sie sind auf sich allein gestellt. Ihre Aufträge erhalten sie über Internetplattformen, von denen die Wissenschaftlerin drei genauer analysiert hat: „Upwork“, „clickworker“ und „InnoCentive“. Je nach Plattform werden dort einfachste Tätigkeiten zum schnellen Nebenverdienst vermittelt, teilweise aber auch komplexe Aufgaben wie zum Beispiel Designentwürfe. Auf diesen digitalen Marktplätzen konkurrieren die Crowdworker um Aufträge, häufig müssen sie fertige oder fast fertige Arbeiten einreichen – und Geld bekommt nur der Gewinner. 

Ein „scheinbar spielerischer Wettbewerb“ sei das grundlegende Organisationsprinzip auf den Plattformen, erklärt die Wissenschaftlerin. In Wahrheit handele es sich aber um ein radikales System der Leistungssteuerung. Die Internetplattformen ermöglichen eine umfangreiche Kontrolle. Alle Arbeitsschritte der Crowdworker können lückenlos analysiert und ausgewertet werden. Nur wer gute Bewertungen erhält, darf auf weitere Aufträge hoffen. So entsteht ein System, das sich „radikal an der individuellen Leistung“ orientiert. Gleichzeitig haben Klickarbeiter wenige Rechte und sind in der Regel nicht sozial abgesichert. Mindeststandards im Hinblick auf Bezahlung, Arbeitszeit, Urlaub oder Mitbestimmungsrechte werden oft in den allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen. 

Für die Unternehmen hat Crowdsourcing den Vorteil, dass sie Aufgaben schnell, flexibel und günstig bearbeiten lassen können – auf Kosten der Klickarbeiter, denen in der Regel jegliche Absicherung fehlt. Je weiter die Digitalisierung ohne Regulierung voranschreitet, desto mehr könnten sich entsprechende Arbeitsformen verbreiten, auch in den Kernbereichen von Produktion und Entwicklung. „Die Organisation von Arbeit über digitale Plattformen birgt disruptives Potenzial und geht mit weitreichenden Implikationen für die Arbeitswelt einher“, schreibt Vogl. Diese Entwicklung berge enormen sozialen Sprengstoff, vor allem wenn Crowdworker in Konkurrenz zu Stammbelegschaften gebracht und damit arbeitsrechtlich regulierte Beschäftigungsverhältnisse infrage gestellt würden.

  • Crowdworker fühlen sich häufig unter Wert beschäftigt. Zur Grafik

Elisabeth Vogl: Crowdsourcing-Plattformen als neue Marktplätze für Arbeit. Die Neuorganisation von Arbeit im Informationsraum und ihre Implikationen, Januar 2018

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