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Gut Informierte schätzen Gewerkschaften Böckler Impuls

Social Media: Gut Informierte schätzen Gewerkschaften

Ausgabe 01/2023

Die Nutzung von Internet und Social Media wirkt sich positiv auf die Einstellung gegenüber Gewerkschaften aus. Das zeigen Befragungsdaten aus Deutschland und Australien.

Dass Verschwörungsmythen derzeit so virulent sind, wird gern mit dem Aufstieg neuer Medien in Verbindung gebracht. Empirisch lässt sich tatsächlich nachweisen, dass ein Teil der Personen, die ihre Informationen zu großen Teilen aus sozialen Medien beziehen, häufiger Falschinformationen aufsitzt. Ob die Nutzung auch anfälliger für gewerkschaftsfeindliche Ideologien macht, hat Werner Nienhüser von der Universität Duisburg-Essen gemeinsam mit David Peetz, Georgina Murray und Carolyn Troup von der Griffith University im australischen Brisbane untersucht. Die Forschenden, deren Studie von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wurde, geben Entwarnung: Wer sich per Facebook, Youtube oder Twitter informiert, denkt nicht schlechter, sondern tendenziell sogar besser über Gewerkschaften als diejenigen, die traditionelle Medien bevorzugen.

Für ihre Analyse haben Nienhüser und Co Daten einer Online-Befragung ausgewertet, an der sich in Deutschland über 1000 und in Australien gut 2200 Beschäftigte beteiligt haben. Um die Einstellung gegenüber Gewerkschaften zu erfassen, wurden die Teilnehmenden zum einen gebeten, auf einer Skala von 1 bis 5 ihre Zustimmung zu Sätzen wie „Beschäftigte brauchen starke Gewerkschaften, um ihre Interessen zu verteidigen“ auszudrücken. Außerdem sollten sie spontane Gedanken zum Thema Gewerkschaft zu Protokoll geben und die assoziierten Begriffe als positiv oder negativ einordnen.

Angesehene Gewerkschaften

Den Ergebnissen der Befragung zufolge ist es um das Ansehen der Gewerkschaften in Deutschland und Australien überwiegend gut bestellt: Hierzulande sprechen sich 69 Prozent für starke Gewerkschaften aus, nur 12 Prozent sind der Meinung, dass sie schlecht für die Wirtschaft sind. In Australien sind es 56 und 18 Prozent. Die Assoziationen zum Thema Gewerkschaft sind in Deutschland zu 51 Prozent positiv und zu 15 Prozent negativ, in Australien zu 42 Prozent positiv und zu 28 Prozent negativ. Bei den unter 30-jährigen Beschäftigten fallen die Ergebnisse sogar noch etwas besser aus als bei den Älteren.

Aus den Daten geht hervor, dass Social-Media-Kanäle mittlerweile eine beliebte Informationsquelle darstellen: In Deutschland nutzen sie 48 Prozent der Befragten mindestens einmal täglich, um etwas über politische Themen zu erfahren, in Australien 38 Prozent. Auf die traditionellen Medien, also Presse, Fernsehen und Hörfunk inklusive der jeweiligen Online-Ausgaben, greifen 71 Prozent der deutschen und 48 Prozent der australischen Beschäftigten zurück. Als wichtigste Quelle für Informationen zu Gewerkschaften nennen Mitglieder in beiden Ländern am häufigsten die persönliche Erfahrung, Nichtmitglieder die traditionellen Medien. Das gilt nach wie vor auch für die jüngeren Beschäftigten, auch wenn die sich generell häufiger per Social Media informieren.

Vielseitige Information macht gewerkschaftsfreundlich 

Wenn man den Zusammenhang zwischen der Mediennutzung und den Einstellungen gegenüber Gewerkschaften untersucht, zeige sich, dass die Effekte im Großen und Ganzen positiv, allerdings eher schwach ausfallen, heißt es in der Studie. Werden Faktoren wie das Alter, der Beruf oder das Einkommen der Beschäftigten statistisch berücksichtigt, wirkt sich die Nutzung von Social Media positiv aus, während die Nutzung traditioneller Medien unter dem Strich keinen messbaren Effekt hat.

Als Fazit halten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fest, dass Gewerkschaften Social Media grundsätzlich nicht als Bedrohung zu fürchten brauchen. Generell falle die Meinung über Gewerkschaften umso besser aus, je weniger isoliert Menschen sind und je mehr Informationen aus vielfältigen Quellen sie beziehen.

Werner Nienhüser, David Peetz, Georgina Murray, Carolyn Troup: Social Media, the Internet and the Crisis of Unionism, Working Paper der HBS-Forschungsförderung Nr. 262, Dezember 2022

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