Forschungsprojekt: Autonomie und Selbstbestimmung

Ein neues Sicherheitsversprechen moderner Sozialstaatlichkeit?

Projektziel

Das Projekt untersucht sozialpolitische Interventionen in der Arbeitswelt auf ihr Autonomiepotential. Es wird angenommen, dass die sozialen Sicherungssysteme im Arbeitsmarkt bereits ein hohes Maß an Autonomie und Selbstbestimmung bieten. Jedoch bedarf es der Stärkung kollektiver und solidarischer Handlungskontexte, um die Selbstbestimmung der Menschen im digitalen Kapitalismus zu gewährleisten.

Projektbeschreibung

Kontext

In der politischen Philosophie gilt individuelle Autonomie als Kern und Voraussetzung für politische Freiheit. Die gesellschaftliche Individualisierung birgt jedoch einen strukturellen Wandel, verändert sie doch die Fähigkeiten und Bedarfe der Menschen und generiert gleichzeitig höhere Erwartungen an ihre Flexibilität und ihr Anpassungsvermögen. An den modernen Sozialstaat richtet sich daher die Forderung nach mehr Selbstbestimmung und flexibleren Sicherungssystemen. Die wirtschaftsliberale Antwort der Aktivierung in der Sozialpolitik hat durch die Rücknahme des Sicherheitsversprechens des traditionellen Sozialstaats zur Verunsicherung der Menschen und zur Schwächung des sozialen Zusammenhalts geführt. Da die Stärkung von Autonomie und Selbstbestimmung jedoch auf gesellschaftlicher Solidarität beruht, die erst den sozialen Zusammenhalt generiert, muss es nun um die gezielte Stärkung kollektiver Institutionen und eine vorsichtige Ergänzung um neue soziale und politische Rechte gehen.

Fragestellung

Wie können institutionelle Arrangements und soziale Rechte so verknüpft werden, dass die Menschen Autonomie und Selbstbestimmung im Erwerbsleben erfahren? Die Studie fragt nach den Autonomiepotentialen von Sozialpolitik. So beeinflussen etwa die Instrumente der beruflichen Weiterbildungspolitik die späteren individuellen Entwicklungschancen. Die Politik zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie trägt nicht nur zur Definition des Geschlechterverhältnisses bei, sondern prägt ganz allgemein die Wertigkeit des gesellschaftlichen Status‘ der Erwerbstätigkeit. Die betriebliche Mitbestimmung – etwa bei der Arbeitszeit - macht die Menschen zu Rechtssubjekten, die maßgeblich an der Gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen mitwirken. Die konkrete Ausgestaltung von Politik, um die es hier geht, prägt somit nicht nur die Arbeitswelt im Allgemeinen, sondern bestimmt vor allem das Maß an individueller Autonomie und Selbstbestimmung der erwerbstätigen Menschen.

Untersuchungsmethoden

Eine institutionelle Analyse der drei ausgewählten Politikfelder identifiziert die Policy-Prinzipien und bewertet die relevanten Instrumente im Hinblick auf ihr Autonomiepotential. Um die ‚Funktionsweise‘ der Policies zu verstehen, werden Gesetzestexte, Kommentierungen, Sekundärliteratur, Policy-Dokumente sowie ExpertInneninterviews ausgewertet. Dabei werden Veränderungen seit den 1990er Jahren berücksichtigt. Erweitert wird die institutionelle Analyse durch eine Zusammenschau sozialwissenschaftlicher qualitativer und quantitativer Befunde zu den Wirkungen der Policy-Instrumente auf die Menschen, wobei der Fokus auf die subjektive Wahrnehmung und die Einstellungen der Menschen gerichtet wird. Die Fallstudien werden durch Exkurse zu ‚guten Praktiken‘ in anderen EU-Mitgliedstaaten ergänzt, um mögliche Reformoptionen aufzeigen. Als Ergebnis der vergleichenden Fallstudien werden im Fazit Kriterien und typische Instrumente einer Autonomie fördernden Sozialpolitik erörtert.

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