Forschungsprojekt: Abwanderung Hochqualifizierter türkischer Herkunft

Abwanderungsabsichten und Abwanderung von Hochqualifizierten türkischer Herkunft aus Deutschland in die Türkei

Projektziel

Ziel des Forschungsprojektes war es, die Gründe von Abwanderungsabsichten und der tatsächlichen Abwanderung türkeistämmiger Hochqualifizierter zu untersuchen. Anlass war die Forschungslücke, die trotz kontroverser Debatten in der Forschung, Politik und in den Medien vorliegt. Als hoch qualifiziert sind in diesem Projekt Personen mit Hochschulabschluss definiert.

Veröffentlichungen

Aydin, Yasar, 2013. >>Transnational<< statt >>nicht integriert<<. Abwanderung türkeistämmiger Hochqualifizierter aus Deutschland. Abwanderung türkeistämmiger Hochqualifizierter aus Deutschland, Konstanz; München: UVK, 135 Seiten.

Projektbeschreibung

Kontext

Angesichts der zunehmenden Abwanderung von - nicht nur türkeistämmigen - Hochqualifizierten aus Deutschland stellt sich die Frage nach den Ursachen und Folgen. Dies wird am Beispiel der Gruppe der türkeistämmigen Hochqualifizierten untersucht.

Das Thema ist von hoher wissenschaftlicher und gesellschaftspolitischer Relevanz und verdient insbesondere aus drei Gründen eine interdisziplinär angelegte Untersuchung: Erstens, weil die Mobilität hoch qualifizierter Arbeitskräfte weltweit zugenommen hat und zunehmen wird; zweitens, um die Abwanderung türkeistämmiger Hochqualifizierter in ihren wesentlichen Dimensionen zu erfassen und drittens, um Erkenntnisse und Daten bereitzustellen, die für fundierte Konzepte, Integrationsprogramme und eine kohärente Migrationssteuerung erforderlich sind.

Fragestellung

Zwei zentrale Fragestellungen standen im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses der Studie:

1.) Warum entscheiden sich immer mehr türkeistämmige Hochqualifizierte für ein Leben und eine Erwerbstätigkeit in der Türkei?

2.) Was hat das zu bedeuten - haben wir es hier mit einem "Scheitern der Integration" oder vielmehr mit einer "transnationalen Teilhabe an zwei Gesellschaften" zu tun?

Das Forschungsprojekt orientierte sich an dem Transnationalismus-Ansatz, in dem konstatiert wird, dass durch gegenwärtige Migrationsströme zwischen den "geordneten Welten" nationaler, kultureller und religiöser Grenzen "soziale Landschaften" entstehen, die Auswanderungs- und Ankunftsorte verbinden und verändern. Die Frage, inwiefern bei der Abwanderung türkeistämmiger Hochqualifizierter ähnliche transnationale soziale Räume von Bedeutung sind, ist von prinzipiellem Interesse. Der Fokus der Studie richtete sich auch darauf, wie Abwanderungsentscheidungen zustande kommen.

Untersuchungsmethoden

Angelehnt an die Methode des problemzentrierten Interviews (Andreas Witzel) wurden 36 Interviews in deutscher Sprache geführt. Als InterviewInnenpartner ausgewählt wurden in Deutschland türkeistämmige Hochqualifizierte, die ihre Schul- und universitäre Bildung in Deutschland abgeschlossen hatten und einer Abwanderung in die Türkei nicht abgeneigt waren. In der Türkei wurden abgewanderte Hochqualifizierte ausgewählt. Die Interviews fanden im Sommer 2011 in Hamburg, Istanbul, Izmir und Antalya statt.

Die Auswertung der Interviews erfolgte auf der Grundlage der dokumentarischen Interpretation von Arnd Michael Nohl und wurde in vier Schritten entfaltet: 1. Transkription und Identifikation der für Feinanalyse bestimmten Abschnitte; 2. formulierende Interpretation derselben Abschnitte; 3. reflektierende Interpretation (Rekonstruktion der Konstruktionsweise von Argumentationen und Rechtfertigungen von Handlungen); 4. Bildung sinngenetischer Typen (Rekonstruktion von Orientierungsrahmen).

Darstellung der Ergebnisse

Die Abwanderung türkeistämmiger Hochqualifizierter lässt sich auf mehrere Gründe zurückführen: berufliche, familiäre, emotionale, Studien- und Forschungsinteressen sowie Kultur, Zugehörigkeit und Identität betreffende Gründe. Entscheidend bei der Realisierung der Abwanderungsabsicht ist das Zusammentreffen verschiedener Gründe. Die Abwanderungsentscheidungen wurden nicht situativ getroffen, sondern über mehrere Jahre hinweg vorbereitet und dabei die Hilfe von bereits Abgewanderten, Verwandten sowie sozialen und Migrationsnetzwerken in Anspruch genommen.

Die untersuchten Einzelfälle deuten darauf hin, dass ein starker Zusammenhang zwischen Integrationsgrad und Abwanderung nicht plausibel ist. Die Lebensgeschichten und Handlungskontexte zeigen, dass alle Interviewten die politische und soziale Grammatik der Ankunftsgesellschaft im Großen und Ganzen übernommen hatten. Gründe und Motive, die die Interviewten anführten, zeugen von einer beachtlichen Angleichung an die Werte der Mehrheitsgesellschaft. Transnationalen Orientierungen, Beziehungen und Lebensführung von Abwanderungswilligen und Abgewanderten waren ebenfalls von Bedeutung.

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