Forschungsprojekt: Die europäischen und globalen Gewerkschaftsverbände

: Entwicklung, Organisation und Politik

Projektziel

Die Untersuchung liefert eine Bestandsaufnahme aller sektoralen europäischen und globalen Gewerkschaftsverbände und bietet in Form eines Nachschlagewerks Informationen über die Entwicklung, Organisation und Politik der einzelnen Verbände. Zugleich werden in vertiefenden Kapiteln übergreifende Problemstellungen transnationaler Gewerkschaftspolitik am Beginn des 21. Jahrhunderts analysiert.

Veröffentlichungen

Platzer, Hans-Wolfgang und Thorsten Müller, 2011. Global and European Trade Union Federations: A Handbook and Analysis of Transnational Trade Union Organizations and Policies, Trade Unions: Past, Present and Future 14, Berlin: Peter Lang, 915 Seiten.

Platzer, Hans-Wolfgang und Torsten Müller, 2009. Die globalen und europäischen Gewerkschaftsverbände II. Handbuch und Analysen zur transnationalen Gewerkschaftspolitik, Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung 109, Berlin: edition sigma, 889 Seiten.

Projektbeschreibung

Kontext

Die Gewerkschaftsbewegung steht am Beginn des 21. Jahrhunderts aufgrund der intensivierten Globalisierung und der fortschreitenden europäischen Integration vor qualitativ neuen Herausforderungen. In beiden Dimensionen - bei der Gestaltung von Globalisierungsprozessen wie der Gestaltung der Europäischen Integration - besteht die Notwendigkeit einer erweiterten und intensivierten Transnationalisierung gewerkschaftlicher Politik. Zu den wichtigsten Akteuren transnationaler Gewerkschaftspolitik gehören die Europäischen Gewerkschaftsverbände (EGV) und die Global Union Federations (GUF). Die zunehmende Bedeutung der transnationalen Handlungsebenen und der europäischen und globalen Gewerkschaftsorganisationen steht in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis zu deren Bekanntheit in der betrieblichen und gewerkschaftlichen Alltagspraxis und zu deren systematischer wissenschaftlicher Erforschung. Diese Lücken zu schließen, war die Intention des Projektes.

Fragestellung

Die Studie besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil besteht aus Portraits der einzelnen europäischen und globalen Gewerkschaftsverbände und aus Überblicksdarstellungen wesentlicher Verbandsstrukturen seit den 1990er Jahren. Die Analyse konzentriert sich auf die Frage inwieweit sich aufgrund der veränderten externen wie internen Rahmenbedingungen die Themenfelder und Aufgabenstellungen, die Formen, Reichweiten und Verbindlichkeitsgrade der transnationalen Problembearbeitung - kurz: die Funktionsprofile - der EGV und GUF verändert haben. Im Mittelpunkt der Analyse stehen die drei Handlungsfelder mitgliederbezogene Politik, Konzernpolitik und sektorale Politik in ihren je spezifischen Ausprägungsformen auf europäischer und globaler Ebene. Der zweite Teil besteht aus der vergleichenden und generalisierenden Querauswertung der Verbandsprofile und analysiert die Potenziale und Barrieren einer gewerkschaftlichen Mehrebenenpolitik in ausgewählten Problem- und Handlungsfeldern.

Untersuchungsmethoden

Die qualitativ empirische Untersuchung basiert zum einen auf der systematischen Analyse von Dokumenten (Statuten, Aktivitätsberichten, Aktionsprogrammen sowie Strategiepapieren und Stellungnahmen), zum anderen auf leitfadengestützten Interviews mit hauptamtlichen Vertreter(Inne)n der europäischen und globalen Gewerkschaftsverbände. Auf dieser Grundlage werden die historische Entwicklung, die aktuellen Organisations- und Entscheidungsstrukturen, die politischen Handlungsfelder und das Funktionsprofil des jeweiligen transnationalen Gewerkschaftsverbandes im Sinne eines verstehenden Nachvollzugs des Handelns der involvierten Akteure analysiert. Die Einordnung der Modi und Reichweiten der transnationalen Problembearbeitung der jeweiligen Verbände erfolgt mittels eines Untersuchungsrasters, das fünf Funktionsprofile unterscheidet: Informationsdienstleister, Forum, Koordinierungsplattform, Steuerungsverbund und Supranationaler Verband.

Darstellung der Ergebnisse

- Alle GUFs verzeichnen im Untersuchungszeitraum einen enormen Mitgliederzuwachs, was ihre formale Repräsentativität global erhöht, aber auch strukturelle Ressourcenprobleme verschärft.

- Auf die erweiterte und heterogenere Mitgliederstruktur reagierten GUFs mehrheitlich mit einer Regionalisierung und Sektoralisierung ihrer Organisation und Politik.

- Die Funktionsprofile variieren nach Handlungsfeldern sowohl innerhalb eines Verbandes als auch zwischen den Verbänden und sind sowohl durch Verbandsroutinen als auch durch innovative Ansätze z.B. im Bereich der Konzernpolitik (Netzwerke, Internationale Rahmenvereinbarungen) gekennzeichnet.

- Mitgliederwachstum, strukturelle Ressourcenprobleme und eine Varianz von Funktionsprofilen nach einzelnen Handlungsfeldern kennzeichnen auch die Entwicklung der EGV.

- Tendenziell ist ein Bedeutungszuwachs der europäischen Verbandsebene zu konstatieren, wobei die Politik der EGV stark durch politische und strukturelle Rahmensetzungen der EU vorgeprägt ist.

- Überwiegend reaktiven Handlungsformen einer "labour diplomacy" stehen auch erste Ansätze einer proaktiven Politik (tarifpolitische Koordinierung; Steuerung der EBR) gegenüber.

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen