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HBS Böckler Impuls

Demografie: Babyboomer treiben Erwerbsquote Älterer

Ausgabe 06/2008

Die Erwerbsbeteiligung Älterer steigt spürbar, fast jeder zweite zwischen 55 und 65 geht arbeiten. Denn die Babyboomer kommen ins letzte Erwerbsjahrzehnt - und die jungen Alten stehen häufiger im Berufsleben.

 

Die Erwerbsbeteiligung der Bevölkerung ist in den vergangenen Jahren leicht gestiegen. Sehr stark fiel der Zuwachs aber   in der Altersklasse von 55 bis 65 aus. Das verdeutlicht der neue Altersübergangs-Report des Instituts für Arbeit und Qualifikation (IAQ), der mit Förderung der Hans-Böckler-Stiftung entstand. 2006 gingen in Deutschland 48,1 Prozent dieser Gruppe arbeiten - fünf Jahre zuvor lag die Quote noch bei 38 Prozent. Martin Brussig und Sascha Wojtkowski haben Daten des Mikrozensus für 2001 und 2006 ausgewertet, einer repräsentativen Befragung in einem Prozent aller Haushalte. Als erwerbstätig erfassen die Forscher alle, die zum Befragungszeitpunkt gearbeitet haben - selbst wenn es nur wenige Stunden ohne feste Anstellung waren. Zwei von drei Erwachsenen in Deutschland waren demnach erwerbstätig. Die Erwerbsbeteiligung stieg um etwa zwei Prozentpunkte.

Die jungen Alten prägen die Statistik. Die Erwerbsbeteiligung Älterer hat zugenommen, weil die demografische Situation für diese Kennzahl günstiger geworden ist. Die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer rücken in die Altersklasse von 55 bis 65 nach, dadurch ist die erste Hälfte des letzten Erwerbsjahrzehnts nun stark besetzt. In der Erwerbstätigen-Statistik macht sich das bemerkbar, denn zwischen dem 55. und 59. Lebensjahr ist die Erwerbsbeteiligung höher als in den letzten fünf Jahren bis zum gesetzlichen Rentenbeginn. Der große Abschied vieler Beschäftigter aus dem Arbeitsleben erfolgt in der Regel ab 60, wie vorherige Altersübergangs-Reporte gezeigt haben. Der demografische Rückenwind für die Erwerbsbeteiligung Älterer wird in den kommenden Jahren anhalten, erwarten Brussig und Wojtkowski. Erst ab etwa 2020 rechnen die Wissenschaftler mit einem Abebben dieses Effektes.

Der Anteil der Erwerbstätigen in den einzelnen Jahrgängen ist zudem von 2001 bis 2006 größer geworden. Mehr Männer zwischen 58 und 63 Jahren gehen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach, so die Experten des IAQ. Auch die Erwerbsbeteiligung älterer Frauen hat für jeden Jahrgang zugenommen. Für jedes Qualifikationsniveau ist eine höhere Erwerbsbeteiligung zu beobachten. Unter Akademikern gab es nur einen kleinen Anstieg, aber in der Gruppe halten sich ohnehin bereits zwei von drei lange im Beruf. Deutlicher hat sich die Lage der weniger gut Ausgebildeten verbessert. Wer älter war und keine Lehre hat, konnte 2001 nur in einem von vier Fällen am Arbeitsleben teilnehmen - 2006 stand die Chance immerhin schon bei eins zu drei. Und für die über 55-Jährigen mit Berufsabschluss stieg die Quote der Erwerbsbeteiligung um etwa zehn Prozentpunkte auf 48 Prozent.

Rentenkürzung für Verlierer. Die Bundesrepublik hat von 2001 bis 2006 im Vergleich der 15 alten EU-Länder die höchste Steigerung der Alterserwerbstätigenquote verbuchen können. "Das ist ein Erfolg, der mit Härten erkauft ist", erklärt Martin Brussig. Denn der Anstieg der Erwerbsbeteiligung ist auch eine Folge der drohenden Abschläge bei vorzeitigem Rentenbeginn - die sollen Anreize für einen längeren Verbleib in Erwerbstätigkeit setzen. Wer bei vorzeitigem Rentenzugang mit Abschlägen rechnet, bleibt darum im Beruf, sofern der Arbeitsmarkt das erlaubt. Aber viele können nicht wie gewünscht auf die Anreize reagieren, weil sie keine Stelle mehr finden. Obwohl diese Personen noch arbeiten möchten, werden auch sie mit Abschlägen - also Rentenkürzungen - bestraft. Über die Hälfte der Langzeitarbeitslosen muss eine Einbuße bei der Rente von mindestens 7,2 Prozent hinnehmen. Unter dieser Regelung leiden vor allem die gering Qualifizierten, deren Chancen auf einen längeren Verbleib schlechter stehen, und die zudem meist eine nur bescheidene Rente beziehen.

Eine wachsende Zahl Älterer kombiniert die Rente oder die Arbeitslosenunterstützung daher mit Arbeitseinkommen - meist aus einem Minijob. Brussig und Wojtkowski nehmen an, dass dieser Trend sich fortsetzt: Künftig werden mehr Menschen auch nach ihrem Renteneintritt noch weiter arbeiten müssen.  

  • Mehr Ältere gehen arbeiten, und das hat zwei Gründe: Es rücken geburtenstarke Jahrgänge ins Alter über 55. Und die Älteren waren 2006 besser ins Arbeitsleben integriert als noch 2001. Zur Grafik

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