Forschungsprojekt: Lean im Büro

"Lean im Büro" - Neue Industrialisierungskonzepte für die Kopfarbeit und ihre Folgen für Arbeit und Beschäftigte

Projektziel

Im Zuge der digitalen Transformation finden gegenwärtig in vielen Unternehmen strategische Suchprozesse statt, in deren Rahmen insbesondere für die Kopfarbeit neue Organisationskonzepte erprobt werden. Der Übertragung von Lean-Konzepten aus der Fertigung und der Einsatz von „agilen Methoden“ aus der Software-Entwicklung kommt dabei eine strategische Bedeutung zu.

Veröffentlichungen

Boes, Andreas, Tobias Kämpf, Barbara Langes und Thomas Lühr, 2018. "Lean" und "agil" im Büro. Neue Organisationskonzepte in der digitalen Transformation und ihre Folgen für die Angestellten, Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung, 193. Band, Bielefeld: transcript, 224 Seiten.

Boes, Andreas, Tobias Kämpf, Barbara Langes und Thomas Lühr, 2016. „Lean“ und „agil“ im Büro. Neue Formen der Organisation von Kopfarbeit in der digitalen Transformation, Working Paper Forschungsförderung 23, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, 27 Seiten.

Boes, Andreas und Tobias Kämpf, 2014. Agile Methods, Lean Development and the Change of Work in Software Development, In: Gino Brunetti u.a. (Hrsg.), Future Business Software. Current Trends in Business Software Development, Cham: Springer International Publishing, S. 83-92.

Boes, Andreas, Matthias Grund und Charlotte Sanwald, 2014. Wie agile Softwareentwicklung ein Berufsbild verändert - Ende des Einzelkämpfers, iX Dossier: Agiles IT-Projektmanagement, 06/2014, S. 27-29.

Boes, Andreas, Tobias Kämpf, Barbara Langes und Thomas Lühr, 2014. Informatisierung und neue Entwicklungstendenzen von Arbeit, Arbeits- und Industriesoziologische Studien, 7(1/2014), S. 5-23.

Projektbeschreibung

Kontext

Ausgehend von der japanischen Automobilindustrie hat "Lean Production" seit den 80er Jahren die Fertigung "revolutioniert". Mit weitreichenden Initiativen beginnen Vorreiter-Unternehmen heute "Lean" nicht mehr nur in den Fabriken, sondern auch in der Welt der Büros zu nutzen und hier die Arbeit entsprechend "ganzheitlicher Produktionssysteme" zu reorganisieren. Mit Verwaltung sowie Forschung & Entwicklung sind Kernbereiche moderner Unternehmen davon betroffen. Auch die IT-Industrie ist ein Vorreiter: Nachdem die Entwicklung hier zunächst vor allem in KMU mit "agilen Methoden" vorangetrieben wurde, sind heute auch weltweit führende IT-Konzerne im "Lean-Modus". Im Fokus stehen die Optimierung der ganzen Wertschöpfungskette und die Idee, Kopfarbeit als Teil eines systemisch integrierten Gesamtprozesses zu organisieren. Damit deutet sich ein tiefgreifender Wandel in der betrieblichen Organisation von Kopfarbeit an, bis hin zu neuen Formen der Industrialisierung.

Fragestellung

Ziel der Studie ist es, diesen Wandel in der Kopfarbeit explorativ in den Blick zu nehmen. Die Fragestellung lässt sich in drei Perspektiven gliedern. Zunächst stellt sich die Frage, welche Strategien und Konzepte sich hinter dem Schlagwort "Lean" verbergen und welche Substanz diese Entwicklung in den Unternehmen tatsächlich hat. Darauf aufbauend wird empirisch untersucht, wie Lean in der Praxis in verschiedenen Bereichen funktioniert und konkret umgesetzt wird. Hier gilt es, sensibel zu sein für die Brüche und Grenzen der neuen Lean-Konzepte: Es stellt sich z.B. die Frage, ob sich mit Lean Kopfarbeit tatsächlich im Sinne einer Industrialisierung als "objektiver Prozess" organisieren lässt - ohne zugleich die Innovativität und Kreativität "auszuschalten"? In einem dritten Schritt werden gezielt die Folgen für die Beschäftigten in den Blick genommen. Es wird danach gefragt, wie sie die Veränderung ihrer Arbeit erleben und welche Auswirkungen sich auf ihre Belastungssituation ergeben.

Untersuchungsmethoden

Mit Blick auf die explorative Fragestellung folgt die Studie einem qualitativen Forschungsdesign. Aufbauend auf 13 Kurzfallstudien bilden 6 Intensivfallstudien in den Untersuchungsbereichen Verwaltung, Forschung & Entwicklung sowie Software-Entwicklung und IT-Dienstleistungen die empirische Grundlage. Mehr als in konventionellen industriesoziologischen Fallstudien wurde die Perspektive betroffener Beschäftigter in die Untersuchung einbezogen. In Intensivinterviews wurden insbesondere der Wandel der Arbeit und die Folgen für ihre Belastungssituation erhoben. Insgesamt gehen Gespräche mit 190 Beschäftigten sowie 50 betrieblichen Expertinnen und Experten (u.a. Management, Human Resources Management, betriebliche Interessenvertretung) in die Studie ein. Darüberhinaus wurden neben Dokumentenanalysen und 7 Gruppendiskussionen, 5 Werksbesichtigungen und 3 Bürobegehungen durchgeführt.

Darstellung der Ergebnisse

Die Studie zeigt, dass Lean und agile Methoden im Zuge der digitalen Transformation zu einem neuen strategischen Trend in den Büros geworden sind. Der Hintergrund besteht in der Herausbildung eines neuen Typs der Industrialisierung, der nunmehr auch die Kopfarbeit adressiert: Im digitalen Informationsraum kann Wissensarbeit neu gedacht und strukturiert werden; neue Methoden der Arbeitsorganisation auf dem Shopfloor geben Anknüpfungspunkte dafür, Wertschöpfungsprozesse entlang des „flow of Information“ neu zu organisieren und zu integrieren. Dabei finden sich je nach den Bereichen jeweils unterschiedliche Strategien und Konzepte sowie Reifegrade dieser Entwicklung. Während sich in den mittelqualifizierten Verwaltungsbereichen eine Art „digitale Tayloriserung“ Bahn bricht, die mit Lean-Methoden kombiniert wird, ist auf der Basis der Kombination von agilen Methoden mit den Prinzipien der „Lean Production“ in den höherqualifizierten Bereichen ein neues industrialisiertes Entwicklungsmodell entstanden, das sich in der Software-Entwicklung flächendeckend durchsetzt und zunehmend auch in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen klassischer Industrie-Unternehmen zum Einsatz kommt.

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