Forschungsprojekt: Digitalisierung, Arbeit und Geschlechterverhältnisse

am Beispiel der Sachbearbeitung in Dienstleistung und Industrie

Projektziel

Das Projekt untersuchte Zusammenhänge von Digitalisierung, Arbeit und Geschlechterverhältnissen am Beispiel der Sachbearbeitung in Industrie, Dienstleistung und dem öffentlichen Dienst. Dabei ging es auch um die Frage, wo in den aktuellen Entwicklungen verallgemeinerbare Chancen zur Überwindung einer benachteiligenden Geschlechterdifferenz liegen und wie diese genutzt werden können.

Veröffentlichungen

Kutzner, Edelgard, Melanie Roski, Lena Kaun und Ninja Ulland, 2023. Digitalisierung der Arbeit und Auswirkungen auf das Geschlechterverhältnis. Allgemeine Entwicklungsmuster am Beispiel der Büroarbeit – eine empirische Untersuchung, Study 484, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, 216 Seiten.

Kaun, Lena, Edelgard Kutzner, Melanie Roski und Ninja Ulland, 2022. Potenziale für neue Geschlechterarrangements durch digitalisierte Arbeit, In: Kastein, Mara; Weber, Lena (Hrsg.), Care-Arbeit und Gender in der digitalen Transformation, Weinheim/Basel: Beltz Juventa, S. 136-150.

Kutzner, Edelgard, 2021. Digitalisierung als Katalysator für Um_Ordnungen im Geschlechterverhältnis?, In: Blättel-Mink, Birgit (Hrsg.), Gesellschaft unter Spannung. Verhandlungen des 40. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2020 , 40. Band, Essen, S. 1-10.

Kutzner, Edelgard, 2021. Arbeit 4.0 aus Geschlechterperspektive, In: Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW, Koordinations- u. Forschungsstelle (Hrsg.), blog interdisziplinäre geschlechterforschung, Essen, S. 1.

Kutzner, Edelgard, 2020. Geschlechterverhältnisse in der digitalisierten Arbeitswelt - die Macht der Stereotype, In: Miemietz, Bärbel (Hrsg.), Digitalisierung, Medizin, Geschlecht. Interdisziplinäre Zugänge, Opladen/Berlin/Toronto: Barbara Budrich, S. 31-47.

Kutzner, Edelgard, Melanie Roski, Ellen Hilf und Saskia Freye, 2019. Wandel der Arbeit durch Digitalisierung = Wandel der Geschlechterverhältnisse?, In: Kutzner, Edelgard; Roski, Melanie; Hilf, Ellen; Freye, Saskia (Hrsg.), Dokumentation der Tagung am 17. Mai 2019 im Erich-Brost-Haus, Dortmund, Düsseldorf/Dortmund: ZWE Sozialforschungsstelle, S. 28-34.

Kutzner, Edelgard und Melanie Roski, 2019. Arbeit, Technik und Geschlecht - neue Grenzziehungen durch Digitalisierung?, In: Catrin Dingler, Sabine Hark, Elisabeth Klaus, Friederike Kuster, Katharina Liebsch, Aline Oloff, Regine Othmer, Birgit Riegraf, Jenny Schrödl, Tanja Thomas (Hrsg.), Feministische Studien, 37. Band, Berlin/Boston: de Gruyter, S. 363-372.

Kutzner, Edelgard, 2019. Wandel der Arbeit durch Digitalisierung. Wirkungen auf Geschlechterverhältnisse in Betrieb und Verwaltung, In: Prof. Dr. Sabine Berghahn, Ulrike Schultz (Hrsg.), Rechtshandbuch für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, Hamburg: Dashoefer, S. 1-28.

Kutzner, Edelgard, 2018. Digitalisierung von Arbeit als "Baustelle" einer geschlechterbezogenen Arbeitsforschung. Transformationsprozesse in der Büroarbeit, AIS Studien, 2, S. 211-228.

Kutzner, Edelgard, 2018. Digitalisierung von Arbeit als "Baustelle" einer geschlechterbezogenen Arbeitsforschung Transformationsprozesse in der Büroarbeit, Arbeits- und Industriesoziologische Studien, 2018(2), S. 211-228.

Kutzner, Edelgard, 2017. Arbeit und Geschlecht. Die Geschlechterperspektive in der Auseinandersetzung mit Arbeit. Aktuelle Fragen und Herausforderungen, Working Paper Forschungsförderung 30, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, 175 Seiten.

Kutzner, Edelgard und Victoria Schnier, 2017. Geschlechterverhältnisse in Digitalisierungsprozessen von Arbeit: konzeptionelle Überlegungen und empirische Fragestellungen, ARBEIT, 2017(26), S. 137-157.

Projektbeschreibung

Kontext

Beschäftigte in Büros haben bereits enorme Veränderungsprozesse mitgemacht. In Unternehmen gab es stets Bemühungen, auch die kaufmännisch-verwaltende Arbeit effizienter zu organisieren. Bereits frühe technische Entwicklungen wie die Schreibmaschine beinhalteten Rationalisierungsmöglichkeiten und hatten Folgen für die Erwerbsarbeit, vor allem von Frauen. Nach wie vor ist die Arbeit im Büro von Technisierungsprozessen betroffen. Veränderungen in Arbeitsorganisation, Arbeitsinhalten, Arbeitsbedingungen sowie insbesondere in den geschlechterbezogenen Arbeitsteilungen sind auch in den heutigen Digitalisierungsprozessen zu vermuten. Uns interessierte, wie sich die aktuellen Prozesse der Digitalisierung auf die geschlechterbezogene Arbeitsorganisation auswirken. Dazu wurden Arbeitsabläufe, Gestaltungsprozesse und der Einsatz digitaler Techniken analysiert. Letztlich entscheiden betriebliche Auseinandersetzungsprozesse darüber, welche Technologien wie und wofür eingesetzt werden.

Fragestellung

Forschungsleitend war die Annahme, dass Prozesse der Digitalisierung Anlässe bieten können, Geschlechterverhältnisse neu zu verhandeln sowie Machtverhältnisse, Geschlechterstereotype und Arbeitsteilungen zu hinterfragen. Um Veränderungspotenziale durch Digitalisierung zu erkennen, war es notwendig, Gestaltungsprozesse in der Sachbearbeitung als soziale Prozesse der Veränderung vorhandener ausgehandelter und etablierter Geschlechterordnungen einer kritischen Analyse zu unterziehen. Zu beantwortende Fragen im Rahmen des Projekts waren u. a.: Wie kann Digitalisierung zu einer geschlechtergerechten Arbeits- und Technikgestaltung beitragen? Wie kann in Prozessen der Digitalisierung vorhandenes tradiertes Geschlechterwissen verändert werden? Wie könnte ein tragfähiges Konzept von guter geschlechtergerechter Arbeit aussehen? Wie können sich in diesen Prozessen der Arbeits- und Technikgestaltung auch emanzipatorische Potenziale für Frauen und Männer ergeben, und wie werden sie genutzt?

Untersuchungsmethoden

Den Kern der Studie bildeten acht Fallstudien in Bereichen der kaufmännisch-verwaltenden Sachbearbeitung in Industrie- und Dienstleistungsunternehmen sowie dem öffentlichen Dienst. Die Fallstudien beinhalteten die Analyse vorhandener Dokumente, Interviews mit Vertreter*innen aus Geschäftsführungen, Personal- und Organisationsabteilungen, Technik- und Softwareentwicklung, betrieblichen Interessenvertretungen und Gleichstellungsbeauftragten sowie insbesondere leitfadengestützte Interviews mit Beschäftigten. Der Auswertung der Daten und Interviews folgte eine Querauswertung und Verallgemeinerung der Ergebnisse. Zur Einordnung der qualitativen Ergebnisse wurden sekundäranalytische Auswertungen verschiedener Statistiken sowie Interviews mit überbetrieblichen Expert*innen und die Auswertung von Studien und Dokumenten durchgeführt. Veröffentlichungen und Diskussion der Ergebnisse in verschiedenen Kontexten bildeten den Abschluss des Projekts.

Darstellung der Ergebnisse

Es konnten drei parallel verlaufende, übertragbare Trends analysiert werden:

• Digitalisierung kann Geschlechterdifferenzierungen vermindern: Digitalisierung führt zu neuen Formen der Arbeitsorganisation. So entstehen etwa durch die Heraustrennung von einfachen digitalisierten Routinetätigkeiten ganzheitliche, anspruchsvollere Tätigkeiten. Davon profitieren insbesondere höher qualifizierte Sachbearbeiterinnen.

• Digitalisierung kann Geschlechterdifferenzierungen verstärken: Es entstehen neue Abteilungen, in die hinein die herausgelösten Routinetätigkeiten verlagert werden. Sie bieten nur geringe Entwicklungschancen hin zu höher qualifizierten Tätigkeiten. Diese Arbeiten werden häufig von Frauen erledigt.

• Digitalisierung ohne Effekte auf bestehende Geschlechterverhältnisse: Wo die Digitalisierung am geringsten ausgeprägt ist, wird vieles nach wie vor stark arbeitsteilig und kaum vernetzt zumeist von Frauen, häufig in Teilzeit und ohne eine einschlägige Berufsausbildung erledigt.

Durch neue Aufgabenzuschnitte, Arbeitsteilungen und Arbeitsbewertungen wird entschieden, ob die technischen Neuerungen eher ein Risiko oder eine Chance für mehr Geschlechtergerechtigkeit darstellen.

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen