Projektbeschreibung
Kontext
Das Projekt untersucht zehn ostdeutsche Betriebe der Metall- und Elektroindustrie, in denen in den Jahren 1993 und 1994 ausführliche Interviews mit Betriebsrats- und Managementvertreter*innen zur Etablierung der Mitbestimmung in Ostdeutschland geführt wurden. Das historische Datenmaterial wird einer Sekundäranalyse unterzogen, welche die historischen Orientierungen der damaligen Mitbestimmungsakteure (auch) als Vorgeschichte heutiger Problemkonstellationen analysiert. 25 Jahre später wird in den damaligen Untersuchungsbetrieben die aktuelle Mitbestimmungssituation erneut untersucht, mit einem ähnlichen theoretischen Konzept sowie methodischen Design wie damals (vgl. Artus et al. 2001; Betriebliches Interessenhandeln, Band 2). Ziel der Studie ist es, die aktuelle mitbestimmungspolitische Situation in Ostdeutschland auch als Ergebnis „von Geschichte“ und deren interessenpolitischer Interpretation zu verstehen.
Fragestellung
Ziel der Follow-up-Studie ist es, typische Stabilitätsbedingungen und Wandlungsprozesse betrieblicher Mitbestimmungskulturen in Ostdeutschland seit den 1990er Jahren in ihrem zeitlichen Verlauf empirisch wie theoretisch zu rekonstruieren. Es soll darüber hinaus ein Beitrag zum Verständnis der Dynamik betrieblicher Mitbestimmung in Gesamtdeutschland sowie von Institutionenwandel im Allgemeinen geleistet werden. Wie wirken sich rechtliche und tarifliche Veränderungen (z.B. Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes, „Hartz IV“-Gesetzgebung, Verbetrieblichung der Tarifpolitik) auf Mitbestimmungshandeln aus? Welche Rolle spielen einschneidende überbetriebliche Ereignisse (z.B. Tarifkonflikte, Wirtschaftskrisen), gesamtgesellschaftliche Wandlungsprozesse (z.B. Generationenwandel, veränderte Geschlechterarrangements) sowie betriebliche Faktoren (z.B. Privatisierung/Verkauf des Unternehmens, veränderte Managementstrategien, personelle Wechsel im Management und Betriebsrat)?
Untersuchungsmethoden
Das Forschungsprojekt wird anhand der Sekundäranalyse von historischem Interviewmaterial sowie aktueller qualitativer Interviews zehn historisch angelegte betriebliche Fallstudien erarbeiten. Die anhand der Fallstudien identifizierten Muster von Stabilität und Wandel betrieblicher Mitbestimmungskulturen werden anschließend verglichen, um typische Verlaufsmuster von Mitbestimmung zu erarbeiten. Zunächst werden Vertreter*innen der IG Metall sowie regionale Expert*innen kontaktiert, um Informationen über die Geschichte und aktuelle Situation in den Untersuchungsbetrieben zu erhalten. Anschließend werden drei bis vier ausführliche Leitfadeninterviews pro Fallbetrieb durchgeführt, mit derzeit aktiven Management- und Betriebsratsvertreter*innen sowie nach Möglichkeit auch mit ehemaligen betrieblichen Akteur*innen. Das methodische Design wird selektiv ergänzt um Gruppendiskussionen mit Beschäftigten, die das kollektive Geschichtsbild zum Thema haben.