Forschungsprojekt: Die digitale Transformation im Büro

Künstliche Intelligenz und der Wandel von Angestelltenarbeit

Projektziel

Das Projekt unternahm eine Bestandsaufnahme des KI-Einsatzes im Büro, untersuchte in Fallstudien damit assoziierte Veränderungen der Angestelltenarbeit in Betrieben der IT, der Industrie und der Dienstleistungen und ging schließlich vertiefend darauf ein, wie die Beschäftigten diesen Wandel erleben. Berücksichtigt wurden dabei insbesondere auch Fragen der Interessenvertretung.

Veröffentlichungen

Kämpf, Tobias und Thomas Lühr, 2024. Angestellte und Mitbestimmung in der digitalen Transformation. Zum Wandel der Arbeitsbeziehungen im Büro, WSI Mitteilungen, 77(1), S. 34-41.

Kämpf, Tobias und Thomas Lühr, 2024. KI und der Wandel von Angestelltenarbeit. Zum „blinden Fleck“ der aktuellen Automatisierungsdebatte, WSI Mitteilungen, 77(2), S. 98-106.

Böckler Impuls, 2024. Roboter am Schreibtisch, Böckler Impuls, 7, S. 6.

Kämpf, Tobias und Virginia Doellgast, 2023. Co-determination meets the digital economy: Works Councils in the German ICT services industry, Entreprises et Histoire, 113(4), S. 32-43.

Boes, Andreas und Tobias Kämpf, 2023. Informatisierung und Informationsraum: Eine Theorie der digitalen Transformation, In: Carstensen, T., Schaupp, S. und Sevignani, S. (Hrsg.), Theorien des digitalen Kapitalismus: Arbeit und Ökonomie, Politik und Subjekt, Berlin: Suhrkamp Verlag, S. 141-163.

Lühr, Thomas, 2022. Zur Restrukturierung von Handlungsfähigkeit in der digitalen Transformation. Digitalisierungserleben am Beispiel der Automatisierung von Arbeit, AIS Studien, 15(1), S. 99-103.

Weitere Informationen

Dieses Projekt gehört zum Forschungsverbund „Digitale Transformation“.
https://www.boeckler.de/de/digitale-transformation-35531.htm

Projektbeschreibung

Kontext

In der Diskussion um die digitale Transformation von Wirtschaft und Arbeitswelt hat sich in den letzten Jahren der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu einem ausstrahlungskräftigen und viel diskutierten Thema entwickelt. Mit KI als einer Schlüsseltechnologie verbinden sich große Erwartungen und Versprechen. Aktuelle Studien legen nahe, dass auch die deutsche Wirtschaft inzwischen im KI-Implementierungszeitalter angekommen ist. Als wichtigste Einsatzbereiche werden neben der IT die Qualitätssicherung in der Produktion, Bereiche wie Forschung und Entwicklung oder Logistik und Finanzdienstleistungen genannt, vor allem aber die Optimierung und Automatisierung von Prozessen in der Verwaltung. Damit geraten die Auswirkungen von KI auf dem Feld der Angestelltenarbeit ins Blickfeld. Insgesamt deutet sich an, dass der Schwerpunkt der Automatisierungsentwicklung nunmehr auf der geistigen Arbeit in den Büros liegt.

Fragestellung

Unser Forschungsinteresse richtete sich auf Veränderungstendenzen der Angestelltenarbeit in der mit KI in Zusammenhang stehenden Automatisierungswelle. Die drei großen Forschungsfragen lauteten:

1. Wie findet gegenwärtig der tatsächliche Einsatz von KI in der Unternehmens- und Arbeitspraxis statt? Welche Potenziale der Produktivkraftentwicklung prägen sich hier aus und wie können sie gestaltet werden?

2. Welche qualitativen Veränderungstendenzen lassen sich in der Angestelltenarbeit in der gegenwärtigen betrieblichen Praxis ausmachen? Welche Kompetenzanforderungen gewinnen an Bedeutung, welche arbeitsorganisatorischen Veränderungen sind erkennbar, wie sind einerseits die Sachbearbeiter*innenebene und andererseits hochqualifizierte Entwickler und Ingenieure betroffen?

3. Welche Implikationen ergeben sich für das Bewusstsein und die Sozialstruktur der Angestellten, insbesondere für ihre betriebliche Stellung, ihre Machpotenziale und ihr Interessenhandeln?

Untersuchungsmethoden

Insgesamt bildeten 21 Explorativ-Fallstudien mit 82 qualitativen, leitfadengestützten Interviews die empirische Basis der Untersuchung. Sie beziehen sich auf die drei Felder Industrie, Dienstleistungen sowie IKT und gehen auf Primärerhebungen und zum Teil Sekundärauswertungen zurück, die in einigen Fällen ebenfalls zu einer Längsschnittperspektive kombiniert wurden. Die Interviews wurden vor allem mit Beschäftigten geführt, aber auch mit Führungskräften verschiedener Ebenen und mit Betriebsräten. Sie wurden nach der Methode der gestuften Reflexion geführt, sodass die Interviewten selbst die Möglichkeit hatten, relevante Themen zu setzen. Ausgewertet wurden sie qualitativ-inhaltsanalytisch. Das Codeschema wurde in einer Kombination aus induktiven und deduktiven Verfahren generiert; die theoretisch-konzeptionellen Vorüberlegungen wurden zu Hypothesen zusammengeführt und in einem iterativen Prozess in permanenter Auseinandersetzung mit der Empirie kontinuierlich weiterentwickelt.

Darstellung der Ergebnisse

Die Bestandsaufnahme zeigt: der kritische Punkt beim KI-Einsatz besteht hauptsächlich in den arbeitsorganisatorischen und arbeitsinhaltlichen Implikationen. Eine erfolgreiche Implementation ist auf die Beteiligung der Beschäftigten angewiesen.

Veränderungen in der Sachbearbeitung können sowohl auf Funktionsverluste als auch auf Funktionsverschiebungen und Funktionszuwächse durch die Entstehung neuer Tätigkeitsfelder hinauslaufen. Letztere können bei entsprechender Gestaltung zur Aufwertung der betrieblichen Stellung der Angestellten führen. Im hochqualifizierten Segment verändern sich die geforderten Kompetenzen in Richtung Data Science und Software. Dies ist die Grundlage für den Aufstieg der Tech-Angestellten als einer neuen Beschäftigtengruppe.

Wie der Strukturwandel von den Beschäftigten erlebt wird, hängt von den wahrgenommenen Effekten auf ihre Handlungsfähigkeit ab. Wird er als Erweiterung von Handlungsspielräumen erfahren, kann dies eine „Lust auf Zukunft“ und deren Emanzipationspotenziale erzeugen. Wird eine Gefährdung von Handlungsfähigkeit erlebt, kann die resultierende Erfahrung neuer Unsicherheiten in Gegensatz zur sichergeglaubten Stellung als Angestellte geraten.

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