Forschungsprojekt: Wandel der Geschlechterverhältnisse durch Digitalisierung

Projektziel

Das Projekt hat die Veränderungen von Geschlechterverhältnissen durch die Digitalisierung der Arbeitswelt (im Sinne mobiler Arbeit, Telearbeit oder Homeoffice sowie dem Einsatz von Social Media für die interne Kommunikation) untersucht. Im Fokus stehen (1) Vereinbarkeit von Beruf und Familie, (2) Profilierungsmöglichkeiten und Karrierechancen sowie (3) Bewertungen geschlechtstypischer Tätigkeiten.

Veröffentlichungen

Carstensen, Tanja und Ute Demuth, 2020. Wandel der Geschlechterverhältnisse durch Digitalisierung. Empirische Ergebnisse und Gestaltungsansätze für Vereinbarkeit, digitale Sichtbarkeit und den Wandel von Tätigkeiten in der betrieblichen Praxis, Working Paper Forschungsförderung 201, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, 28 Seiten.

Carstensen, Tanja, 2020. Digitalisierung der Arbeit – Auswirkungen auf Arbeitsverhältnisse, Arbeits- und Rollenteilungen zwischen den Geschlechtern, In: Berghan, Sabine; Schultz, Ulri (Hrsg.), Rechtshandbuch für Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, 10 Bände, 4. Band, Hamburg: Dashoefer, S. 1-16.

Carstensen, Tanja, 2020. Orts- und zeitflexibles Arbeiten: Alte Geschlechterungleichheiten und neue Muster der Arbeitsteilung durch Digitalisierung, Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 71(1), S. 1-2.

Carstensen, Tanja, 2019. Verunsichtbarung von Geschlechterungleichheiten?. Digitalisierte Arbeit zwischen Rhetoriken neuer Möglichkeiten und der Reorganisationen alter Muster, In: Kohlrausch, Bettina; Schildmann, Christina; Voss, Dorothea (Hrsg.), Neue Arbeit – neue Ungleichheiten? Folgen der Digitalisierung, Weinheim/Basel: Beltz Juventa, S. 69-89.

Carstensen, Tanja, 2019. Zur Konstitution und Neuverhandlung von Handlungsfähigkeit und Geschlecht in Prozessen der Digitalisierung, Blätter für Technikgeschichte - Gender und Technik, 81, S. 43-60.

Carstensen, Tanja, 2019. Verfestigung von Geschlechterungleichheiten?. Effekte von digitalisierter und mobiler Arbeit auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Anwesenheitskulturen und Bewertung von Tätigkeiten, [online] http://www.fgw-nrw.de/fileadmin/user_upload/Dokumentation_20190517_sfs_FGW_final_.pdf, zuletzt abgerufen am 29.07.2020, Dortmund: Sozialforschungsstelle Dortmund, 34-38 Seiten.

Demuth, Ute, 2018. Sind Frauen die Gewinnerinnen?, Computer und Arbeit, 11, S. 16-18.

Carstensen, Tanja, 2018. Immer und überall. Die Digitalisierung alter Geschlechterverhältnisse, an.schläge. Das feministische Magazin, S. 24.

Bös, Nadine, . Ist das Homeoffice ein Karrierekiller?, Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), S. 1-2.

Projektbeschreibung

1. Kontext

Bis heute sind sowohl Arbeit als auch Technik hochgradig vergeschlechtlicht. Neue Technologien bieten aber immer auch Möglichkeiten, Macht- und Geschlechterverhältnisse neu zu verhandeln und Arbeitsbedingungen zu gestalten. Mit der zunehmenden Digitalisierung der Gesellschaft und der Arbeit vollziehen sich damit Veränderungen, die auch geschlechterpolitisch relevant sind. Dass die neuen digitalen Technologien potenziell Möglichkeiten für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, für bessere Karrierechancen für Frauen und Neubewertungen von Arbeit bieten, gilt mittlerweile als unbestritten. Bisher war allerdings empirisch kaum geklärt, ob und wie diese Möglichkeiten bereits genutzt werden und welche konkreten Praxen im Arbeitsalltag entstanden sind. Dies betrifft sowohl die Frage, welche Angebote und Rahmenbedingungen von betrieblicher Seite geschaffen werden, als auch die Frage, wie Beschäftigte diese nutzen und welche Erfahrungen sie machen.

2. Fragestellung

Ziel des Projektvorhabens war es, die Veränderungen und Verschiebungen von Geschlechterverhältnissen durch die Digitalisierung der Arbeitswelt in der konkreten betrieblichen Praxis zu ermitteln. Hierfür wurden sowohl die betrieblichen Rahmenbedingungen und Angebote als auch die Praktiken und Erfahrungen der Beschäftigten untersucht. Das Projekt verfolgte die Fragestellung, inwiefern sich mit der Nutzung von digitalen Technologien und den damit verbundenen Änderungen und Neuregelungen der Arbeitsorganisation genderrelevante Veränderungen ergeben. Es ging um drei Teilbereiche: (1) neue Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Beruf und Familie bzw. Sorgearbeiten durch digitale und mobile Arbeit, (2) neue Profilierungsmöglichkeiten und Karrierechancen für Beschäftigte durch digitale Sichtbarkeiten sowie (3) Veränderungen von Bewertungen geschlechtstypischer Tätigkeiten und genderrelevante Mechanismen bei der digitalen Erfassung von Arbeitsleistungen.

3. Untersuchungsmethoden

Hierfür wurden insgesamt 50 qualitative Interviews mit Beschäftigten, Personalverantwortlichen, Betriebsräten und Gleichstellungsbeauftragten in mehreren Fallbetrieben unterschiedlicher Branchen sowie weitere Einzelinterviews geführt. Das Datenmaterial wurde inhaltsanalytisch ausgewertet. Ergänzend wurden Unternehmensrecherchen durchgeführt, betriebliche Vereinbarungen und politische Diskurse ausgewertet sowie Workshops durchgeführt. Das Projekt hat wissenschaftliche Erkenntnisse erarbeitet, die auch als Handlungswissen für eine geschlechtergerechte Gestaltung der digitalisierten Arbeitswelt genutzt werden können.

4. Darstellung der Ergebnisse

Hinsichtlich der Frage, ob sich verbesserte Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ergeben, zeigt die Empirie, dass digitalisierte orts- und zeitflexible Arbeit diese in der Tat erleichtert. Dabei zeigen sich verschiedene Effekte: Möglichkeiten, die vertraglich vereinbarten Arbeitszeiten zu erhöhen, zeitliche und emotionale Entlastung und Entspannung, neue Arbeitsteilungen, aber auch Tendenzen der Verunsichtbarung von Mehrarbeit und Vereinbarkeitsleistungen.

Hinsichtlich möglicher neuer Profilierungsmöglichkeiten und Karrierechancen zeigt sich, dass ein hohes Bewusstsein dafür besteht, digital Sichtbarkeit und Kontrollierbarkeit herzustellen. Gleichzeitig wird Anwesenheit als wichtiger denn je für berufliches Fortkommen eingeschätzt.

Hinsichtlich möglicher Veränderungen und (Neu-)Bewertungen von Tätigkeiten zeigen die Ergebnisse, dass Veränderungen für die betrieblichen Akteur*innen oft schwer zu fassen sind, viele Veränderungen langsam und schleichend verlaufen oder nicht als Digitalisierungsfolge wahrgenommen werden. Am deutlichsten zeigt sich der Wandel an der Automatisierung von Verwaltungsprozessen, bei dem möglicherweise Frauenberufe stärker betroffen sind.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

PD Dr. Tanja Carstensen
Universität Hamburg Fakultät WiSo/ Fachbereich Sozialökonomie

Bearbeitung

Ute Demuth

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