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IMK Inflationsmonitor mit neuen Werten und erweitertem Datenangebot: Teuerungsraten für alle Haushaltstypen nähern sich Inflationsziel – Fachleute empfehlen Korrektur der restriktiven EZB-Geldpolitik

16.02.2024

Die Inflationsrate in Deutschland ist im Januar 2024 auf 2,9 Prozent gesunken. Damit hat sie sich dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent weiter angenähert. Die Inflationsbelastung verschiedener Haushaltstypen, die sich nach Einkommen und Personenzahl unterscheiden, lag dabei relativ nah beieinander. Der Unterschied zwischen der höchsten und der niedrigsten haushaltsspezifischen Rate betrug im Januar 0,6 Prozentpunkte. Während einkommensschwache Haushalte im Dezember noch eine geringfügig höhere Inflationsrate schultern mussten als Haushalte mit mehr Einkommen, lag ihre Belastung nun im unteren Bereich: Alleinlebende mit niedrigen Einkommen hatten im Januar eine Inflationsrate von 2,0 Prozent zu tragen, bei Familien mit niedrigen Einkommen waren es 2,2 Prozent. Das ergibt der neue IMK Inflationsmonitor, den das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung vorlegt.

Dr. Silke Tober, IMK-Inflationsexpertin, und der wissenschaftliche Direktor Prof. Dr. Sebastian Dullien berechnen seit Anfang 2022 monatlich spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen, die sich nach Zahl und Alter der Mitglieder sowie nach dem Einkommen unterscheiden. Neu ist das erweiterte Datenangebot: Ab sofort erschließt der Monitor online Trends der Inflation im Zeitverlauf in interaktiven Grafiken. So lassen sich etwa mit wenigen Klicks für alle sowie für einzelne Haushaltstypen die längeren Trends der Inflation als Kurven- oder Balkendiagramme darstellen.

Die längerfristige Betrachtung illustriert noch einmal sehr anschaulich, dass ärmere Haushalte während der aktuellen Teuerungswelle bis in den Sommer 2023 hinein besonders stark durch die Inflation belastet waren, weil sie einen großen Teil ihres schmalen Budgets für Güter des Grundbedarfs wie Nahrungsmittel und Haushaltsenergie ausgeben müssen. Diese waren die stärksten Preistreiber. Im Laufe der letzten Monate hat die Preisdynamik dort aber nachgelassen, so dass sich die einkommensspezifischen Differenzen seit dem Höhepunkt im Oktober 2022 stark verändert haben. Damals hatten Familien mit niedrigen Einkommen die höchste Inflationsrate im Haushaltsvergleich mit 11,0 Prozent. Dagegen waren es beim Haushaltstyp der Alleinlebenden mit sehr hohen Einkommen 7,9 Prozent.

Doch auch wenn die Inflationsraten seitdem stark gesunken sind und die Belastungen der verschiedenen Haushalte sich angenähert haben, wird das Problem steigender Preise vor allem für Menschen mit niedrigen Einkommen dadurch verschärft, dass viele nur geringe finanzielle Rücklagen haben und die Alltagsgüter, die sie vor allem kaufen, kaum zu ersetzen sind.

Dass die allgemeine Inflationsrate von Dezember auf Januar um 0,8 Prozentpunkte zurückgegangen ist, liegt vor allem daran, dass die Preise für Energie niedriger lagen. Zudem verteuerten sich Lebensmittel zwar noch einmal um 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr, aber auch das stellt eine Verlangsamung gegenüber den Monaten zuvor dar.

Auch bei den übrigen untersuchten Haushaltstypen jenseits der einkommensschwachen Haushalte wirkte sich die nachlassende Preisdynamik für Güter und Dienstleistungen des Grundbedarfs aus, allerdings weniger stark als bei den ärmeren: So betrug die Preissteigerung bei Paarfamilien mit hohen Einkommen im Januar 2,8 Prozent, bei Paaren ohne Kinder mit mittleren Einkommen sowie bei Singles mit sehr hohen Einkommen je 2,7 Prozent und bei Paarfamilien mit mittleren Einkommen 2,6 Prozent. Bei Alleinerziehenden mit mittleren Einkommen sowie bei Alleinlebenden mit mittleren oder mit höheren Einkommen schlug die Inflation mit je 2,4 Prozent zu Buche.

Dass aktuell die spezifischen Inflationsraten der einzelnen Haushaltstypen etwas unter der allgemeinen Rate liegen, beruht darauf, dass das IMK bei der Gewichtung der Warenkörbe die repräsentative Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) heranzieht, während das Statistische Bundesamt mittlerweile auf die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung zurückgreift. 

EZB sollte zeitnah allzu restriktive Geldpolitik lockern

Der Rückgang der Teuerung zum Jahresanfang wäre noch stärker ausgefallen, wenn der Staat nicht preistreibend gewirkt hätte. Ohne die vorzeitige Beendigung der Energiepreisbremsen, die stärkere Erhöhung des CO2-Preises und die Rückkehr zum normalen Mehrwertsteuersatz im Gastgewerbe hätte die Inflationsrate im Januar noch um etwa einen halben Prozentpunkt niedriger gelegen, also bei etwa 2,4 Prozent, so die Fachleute des IMK.

Für die kommenden Monate erwarten Tober und Dullien einen weiteren Rückgang der Inflationsraten in Deutschland wie im gesamten Euroraum – und leiten daraus einen Auftrag an die Europäische Zentralbank (EZB) ab, das hohe Zinsniveau zu überdenken. Denn: „Die Inflation im Euroraum geht bereits seit längerem stärker zurück als von der EZB erwartet. Zugleich dämpft die ausgeprägt restriktive Geldpolitik die Wirtschaft, die zum wiederholten Male schwächer ausfiel als in den Prognosen der EZB erwartet.“ Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Stagnation im Euroraum und einer sich abzeichnenden Rezession in Deutschland sollte die EZB „auf die geänderte Datenlage reagieren und zumindest den Restriktionsgrad der Geldpolitik verringern“, empfehlen die Ökonomin und der Ökonom.

Informationen zum Inflationsmonitor

Für den IMK Inflationsmonitor werden auf Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamts die für unterschiedliche Haushalte typischen Konsummuster ermittelt. So lässt sich gewichten, wer für zahlreiche verschiedene Güter und Dienstleistungen – von Lebensmitteln über Mieten, Energie und Kleidung bis hin zu Kulturveranstaltungen und Pauschalreisen – wie viel ausgibt und daraus die haushaltsspezifische Preisentwicklung errechnen. Die Daten zu den Haushaltseinkommen stammen ebenfalls aus der EVS. Im Inflationsmonitor werden neun repräsentative Haushaltstypen betrachtet: Paarhaushalte mit zwei Kindern und niedrigem (2000-2600 Euro), mittlerem (3600-5000 Euro), höherem (mehr als 5000 Euro) monatlichem Haushaltsnettoeinkommen; Haushalte von Alleinerziehenden mit einem Kind und mittlerem (2000-2600 Euro) Nettoeinkommen; Singlehaushalte mit niedrigem (unter 900 Euro), mittlerem (1500-2000 Euro), höherem (2000-2600 Euro) und hohem (mehr als 5000 Euro) Haushaltsnettoeinkommen sowie Paarhaushalte ohne Kinder mit mittlerem Haushaltsnettoeinkommen zwischen 3600 und 5000 Euro monatlich. Der IMK Inflationsmonitor wird monatlich aktualisiert.


Weitere Informationen

IMK Policy Brief Nr. 164, Februar 2024

Sebastian Dullien, Silke Tober: IMK Inflationsmonitor: Staatliche Maßnahmen verhindern noch stärkeren Rückgang der Inflation im Januar 2024

Die PM mit Abbildung (pdf)

Ergebnisse des Inflationsmonitors in interaktiven Grafiken


Kontakt

Prof. Dr. Sebastian Dullien
Wissenschaftlicher Direktor IMK

Dr. Silke Tober
IMK-Expertin für Geldpolitik

Rainer Jung
Leiter Pressestelle
 

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