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Anna Stoeckl Stipendien

Preisträger*innen 2021: Anna Stöckl: Die faszinierende Sinneswahrnehmung von Motten

„Das Taubenschwänzchen mit seinem Mini-Gehirn kann Futterpflanzen an Farbe, Form und Duft erkennen.“

Wenn Anna Stöckl über ihre Forschung spricht, tut sie das mit einer Begeisterung, die ansteckt. Dabei gehören die Forschungsobjekte der promovierten Biologin nicht unbedingt zu den größten Sympathieträgern in der Tierwelt: Stöckl beschäftigt sich mit Motten. Vor allem das Taubenschwänzchen, ein tagaktiver Falter aus der Familie der Schwärmer, hat es ihr angetan. Sein Gehirn, sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Würzburg, sei kleiner als ein Reiskorn, und dennoch leiste das Insekt Erstaunliches: „Das Taubenschwänzchen mit seinem Mini-Gehirn kann Futterpflanzen an Farbe, Form und Duft erkennen und gezielt aus dem Meer an Blüten herauspicken, kann unfallfrei durchs Unterholz dorthin navigieren und seinen langen Saugrüssel in die im Wind schwankenden Blüten manövrieren.“

Stöckl erforscht, wie dieser herausragende Sehsinn funktioniert, wie er neuronal gesteuert wird. „Als Wissenschaftlerin finde ich es unglaublich aufregend und befriedigend, einen Zusammenhang vom Eintreffen der Lichtstrahlen am Auge über die Verarbeitung im Gehirn bis zum beobachtbaren Verhalten verstehen zu können.“ Schon seit ihrer Schulzeit, erzählt die Forscherin, sei sie fasziniert davon, wie die im Grunde genommen simple Aktivität von einzelnen Nervenzellen im Verbund die gesamte, hochkomplexe Sinneswahrnehmung ermöglicht – nicht nur bei den Schwärmern, sondern ebenso bei Mäusen, elektrischen Fischen oder Würfelquallen, deren Neurobiologie sie sich in früheren Projekten gewidmet hat.

Geboren 1987 in Rüdesheim am Rhein, studierte Stöckl in Heidelberg und München, ehe sie für ihre wissenschaftliche Karriere zunächst nach Skandinavien wechselte. An der Universität von Lund in Schweden schrieb sie ihre Doktorarbeit – von der Fakultät als beste Promotion des Jahrgangs 2016/17 ausgezeichnet – und forschte anschließend an der Universität Aalto in Finnland. Heute leitet sie eine Forschungsgruppe an der Universität Würzburg und gehört seit 2020 dem Jungen Kolleg der Bayrischen Akademie der Wissenschaften an. „Meine Arbeit“, betont Stöckl, „zählt zur reinen Grundlagenforschung.“ Doch das hindert sie nicht, auch die praktische Anwendbarkeit zu erkennen. Die neuronale Verarbeitung der Taubenschwänzchen eigne sich als Vorbild für Anwendungen in der Computer-Vision und Robotik, erklärt die Wissenschaftlerin. Auch da seien ja effektive Verarbeitungsstrategien, die mit geringer Kapazität auskommen, gefragt.

Dass es Stöckl so spielend leicht gelingt, das Faszinierende an ihrem Forschungsfeld zu vermitteln, hat seinen Grund in jahrelanger Übung. Bereits seit dem Studium engagiert sie sich in der Wissenschaftskommunikation. Mit viel Humor und Esprit präsentiert sie sich und ihre Arbeit auf der Website www.annastoeckl.com. Sie drehte Erklärvideos und nahm erfolgreich an Science Slams teil, bei denen sie ihre Forschung in wenigen Minuten möglichst plastisch erklären musste. Die Wissenschaftlerin schreckte dabei weder vor Gesangseinlagen noch vor dem Einsatz von Wasserpistolen zurück.

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