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Vielerorts auf der Welt fördern deutsche Gewerkschaften und Stiftungen Initiativen für die Rechte von Frauen. Wir stellen vier erfolgreiche Beispiele vor. Magazin Mitbestimmung

Projekte: Von der Furcht zum Widerstand

Ausgabe 01/2020

Vielerorts auf der Welt fördern deutsche Gewerkschaften und Stiftungen Initiativen für die Rechte von Frauen. Wir stellen vier erfolgreiche Beispiele vor. Von Andreas Molitor

Wenn Frauen ihre Rechte einfordern

Auch nach vielen Jahren des Engagements für Frauenrechte in Burkina Faso gibt es Dinge, die Sabine Tölke-Rückert Rätsel aufgeben: „Warum wagen Frauen es auch in der Gewerkschaft nicht, den Mund aufzumachen? Warum haben sie so einen großen Respekt vor den Gewerkschaftsführern?“ Damit sich das ändert und die Frauen in Gesellschaft und Gewerkschaften ihre Rechte einfordern, unterstützt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) seit 2008 die Frauenarbeit in der Partnergewerkschaft F-Synter. Sabine Tölke-Rückert koordiniert das Projekt. Mit Erfolg: F-Synter ist die einzige Gewerkschaft mit aktiven Frauenkomitees in Burkina Faso (das Foto zeigt einen Workshop) und veranstaltet jährlich Kongresse mit weit über 100 Teilnehmerinnen. Die Gewerkschaftsfrauen erstellen Aktionspläne und unterstützen Waisenkinder, die ansonsten nicht zur Schule gehen könnten. Und, darüber freut sich Sabine Tölke-Rückert besonders, „sie pochen jetzt endlich auf mehr Posten in der Gewerkschaft“.

Workshops fürs Bewusstsein

„Mein Vater sagte: ‚Mädchen gehen nicht zur Schule!‘ Also bin ich heimlich hingegangen. Meine Mutter hat sich immer wieder Ausreden einfallen lassen, warum ich nicht zu Hause war.“ Thorben Austen erzählt diese Episode, die typisch sei für Frauen aus den ländlichen Regionen in Guatemala. „Sie dürfen nicht zur Schule gehen, werden bei der Arbeit schlechter bezahlt als die Männer, und sie schultern allein die Erziehung der Kinder.“ Mit Unterstützung der Hans-Böckler-Stiftung und des Komitees für bäuerliche Entwicklung (Codeca), das den Protest der Landarbeiter organisiert (Foto), hat Austen, der seit acht Jahren in Guatemala lebt, eine Workshopreihe zum Thema Frauenrechte konzipiert und in Xela im Südwesten des Landes durchgeführt. Diskutiert wurden Themen wie „Vom biologischen Unterschied zur sozialen Ungleichheit“ oder „Das Recht, seine Rechte zu verteidigen“. Austen hätte sich mehr Teilnehmerinnen aus den Dörfern gewünscht, aber: „Schon die Busfahrt nach Xela können sich viele nicht leisten.“ Die Organisatoren der Workshops wollen die Themen jetzt in die Dörfer tragen, und „vielleicht irgendwann mal eine Schule für soziale Bewegungen gründen“.

Bessere Löhne auf dem Bau

Rekha Kushwa muss nicht überlegen, was ihre neue Arbeit für sie bedeutet: „Sie hat meinem Leben eine neue Richtung gegeben“, sagt die 30-Jährige aus Fatehpur Sikri im indischen Distrikt Agra. Rekha, früher Lehrerin an einer Schule für Kinder aus Arbeiterfamilien, hat eine Qualifizierung zur Trainerin im Bausektor absolviert; nun gibt sie ihr Know-how an Frauen aus den Dörfern weiter. Sowohl ihre eigene Fortbildung als auch die Kurse für Maurerinnen und Malerinnen (Foto) ermöglicht ein Projekt, das die Bau- und Holzarbeiter-Internationale in Zusammenarbeit mit dem DGB Bildungswerk BUND 2017 in fünf indischen Bundesstaaten und in Nepal gestartet hat. Bis Ende 2019 wurden schon 542 Arbeiterinnen geschult. Ein wichtiges Anliegen, betont Tanja Schindewolf, die Projektleiterin für gewerkschaftliche Kooperationen beim DGB Bildungswerk: Bauarbeiterinnen in Indien und Nepal hätten täglich mit Diskriminierung zu kämpfen – in Form ungleicher Bezahlung oder sexueller Belästigung. Die gewerkschaftliche Organisierung der Arbeiterinnen ist ein Ziel des Projekts. So arbeitet Rekha Kushwa mittlerweile als Bezirksmobilisiererin für die örtliche Baugewerkschaft, damit die Frauen aus ihren Kursen bessere Löhne aushandeln können.

Machtvolle Kraft des Feminismus 

„Ja, in gewisser Weise zeigt diese Szene den Angriff auf ein Dorf – allerdings nicht mit Panzern und Soldaten, sondern mit Methoden der Ausbeutung.“ Tina Hennecken Andrade betrachtet das Ensemble aus Spielzeugtieren, Menschen, Baumaschinen und Zäunen aus Plastik, Hütten aus Papier und aufgemalten Eisenbahnschienen, das die Teilnehmerinnen einer Ideenwerkstatt auf einen Bogen Papier gesetzt haben (Foto). „Die Rohstoffkonzerne versprechen Jobs und Wohlstand“, sagt die Repräsentantin der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo. „Aber die Mehrheit der Bevölkerung hat nichts davon. Sie leidet unter Ausbeutung, Bodenverseuchung und der Gewalt paramilitärischer Sicherheitsdienste.“ Seit 2016 fördert die FES die Arbeit einer von Tina Hennecken Andrade koordinierten, afrikaweiten feministischen Aktionsgruppe, die unter anderem in Mosambik aktiv ist und der auch Gewerkschafterinnen angehören. Sie setzt auf die „Kraft radikaler politischer Frauen“ – und sieht durchaus Erfolge: „Immer mehr Frauen erkennen, dass es Alternativen zu ausbeuterischen Wirtschaftsmodellen und halbherziger Empowerment-Politik gibt, und immer mehr sind bereit, den Kampf dagegen aufzunehmen.“ 

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    Workshop in Burkina Faso (Foto: Sabine Tölke-Rückert)

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