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Magazin Mitbestimmung

Thesen: Hier muss Mitbestimmung in die Offensive gehen

Ausgabe 10/2014

Norbert Kluge, Leiter der Abteilung Mitbestimmungsförderung in der Hans-Böckler-Stiftung, und Thomas Fischer, Leiter der Grundsatzabteilung beim DGB-Bundesvorstand formulieren die fünf drängendsten Herausforderungen für die Mitbestimmung.

HERAUSFORDERUNG NR. 1: MITBESTIMMUNG SCHÜTZT IMMER WENIGER ARBEITNEHMER.

Im Jahr 2012 arbeiteten nur noch 43 % der Beschäftigten in West- und 36 % der Beschäftigten in Ostdeutschland in privaten Unternehmen mit Betriebsrat – die Tendenz war zuletzt fallend. Auch die Anzahl paritätisch mitbestimmter Unternehmen ist erheblich gesunken – von 767 Unternehmen im Jahr 2002 auf 654 im Jahr 2012.

HERAUSFORDERUNG NR. 2: WEISSE FLECKEN BREITEN SICH AUF DER LANDKARTE AUS.

Mitbestimmungsrechte sind gesetzlich geregelt, und Gesetze sind für alle gleich. Und doch gibt es weiße Flecke auf der Landkarte: der fehlende Schutz vor der gesetzeswidrigen Verhinderung von Betriebsratswahlen, der Behinderung von Betriebsratstätigkeit und zu hohe Hürden im Wahlverfahren.

HERAUSFORDERUNG NR. 3: UNGEBÄNDIGTE DIGITALISIERUNG ENTWERTET DIE ARBEIT. 

Durch die fortschreitende Digitalisierung droht die Entwertung und Prekarisierung von Arbeit. Stichworte wie „Crowdworking“ oder „Click Workers“ stehen für eine wachsende Zahl von Soloselbstständigen, deren Löhne, Arbeitsbedingungen, Arbeitnehmerrechte und soziale Sicherheit dem freien Spiel der Marktkräfte überlassen bleiben. Kein Betriebsrat kann sich heute ihrer Sorgen annehmen, da die gesetzlichen Grundlagen dazu fehlen. 

HERAUSFORDERUNG NR. 4: DER DEMOGRAFISCHE WANDEL VERRINGERT DAS FACHKRÄFTEANGEBOT. 

Der Arbeitskräftepool altert. Der nachhaltige wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen wird zunehmend von ihrer Fähigkeit abhängen, gute und motivierende Arbeitsbedingungen für ältere Arbeitnehmer zu schaffen und Möglichkeiten für lebenslanges Lernen zu erschließen. Heute ziehen noch nicht alle Firmen mit. Hier muss die betriebliche Mitbestimmung gute Lösungen anbieten. Sonst verliert sie an Akzeptanz.

HERAUSFORDERUNG NR. 5: DAS EUROPÄISCHE GESELLSCHAFTSRECHT LÄDT ZUR UMGEHUNG EIN.

Die Transnationalisierung von Unternehmen führt dazu, dass die betriebliche und unternehmerische Mitbestimmung auf nationaler Ebene ins Leere läuft. Neue Rechtsformen wie die geplante europäische Einpersonengesellschaft würden Tür und Tor für die Umgehung der in Deutschland geltenden Regeln für die Unternehmensmitbestimmung öffnen.

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