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Magazin Mitbestimmung

: Gute Noten für das Magazin Mitbestimmung

Ausgabe 03/2005

Mit einer Leserbefragung hat die Hans-Böckler-Stiftung im Herbst vorigen Jahres die Akzeptanz ihres Magazins bei seinen Leserinnen und Lesern messen lassen, um Anregungen für weitere Verbesserungen zu gewinnen. Hier die wichtigsten Ergebnisse.

Von Jürgen Prott
Prof. Dr. Prott lehrt Soziologie an der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP). Im Auftrag der Stiftung führte er die Leserbefragung durch.

Wie wird das Magazin der Hans-Böckler-Stiftung von unterschiedlichen Teilgruppen seines Rezipientenkreises generell sowie im Hinblick auf spezifische thematische Angebote genutzt? Wie beurteilen die Leserinnen und Leser die Inhalte und die Gestaltung des Produkts? Welche Verbesserungsvorschläge richten sie an die Adresse von Herausgeber und Redaktion? Auf diese Fragen suchten wir Antworten mit Hilfe einer schriftlichen Befragung im Herbst 2004.

An ihr beteiligten sich 775 Leserinnen und Leser aus einer Zufallsauswahl von 5000 Personen. Das entspricht einer Rücklaufquote von 15,5 Prozent. Dieser Wert ist zwar nicht berauschend, aber wir haben allen Grund zu der Annahme, dass alle wichtigen Teilgruppen des Bezieherkreises in unserem Sample repräsentativ vertreten sind, wobei wir allerdings in Rechnung stellen müssen, dass diejenigen, die dem Blatt schon lange eher distanziert gegenüberstehen, sich nicht so stark an der Umfrage beteiligt haben wie die langjährigen Anhänger des Produkts.

Für die Bewertung der zutage geförderten Erkenntnisse sind zudem zwei Umstände bemerkenswert. Erstens ist parallel zur Mitgliederstruktur der Gewerkschaften eine temporäre Überalterung der Population unübersehbar: Zwei von drei Befragten (67,3 Prozent) sind älter als 45 Jahre. In der Vorläufererhebung von 1993 summierte sich dieser Personenkreis lediglich auf 42,3 Prozent.

Erfahrungsgemäß steigen das Niveau der Zuwendungsbereitschaft wie die Neigung zur positiven Beurteilung gewerkschaftlicher Publikationen mit wachsendem Lebensalter. Das ist auch beim Magazin Mitbestimmung der Fall. Zweitens gehören heute wie damals die meisten Leserinnen und Leser der Gruppe der Interessenvertreter der Arbeitnehmer in Betrieb und Unternehmen an, sei es als Betriebs- und Personalräte und/oder als Mitglieder in Aufsichts- und Verwaltungsräten. 64 Prozent der Personen in unserer Stichprobe sind im Besitz solcher Mandate.

Hohes Niveau der Heftnutzung

Das Magazin der Hans-Böckler-Stiftung stößt auf eine beachtliche Resonanz. Es wird selten lediglich flüchtig durchgeblättert oder gar achtlos zur Seite gelegt. Die meisten Adressaten finden in den verschiedenen Ausgaben in der Regel mehrere lesenswerte Beiträge (44,5 Prozent), und eine starke Minderheit von 12,2 Prozent hat angegeben, fast immer die meisten Beiträge einer Ausgabe zu nutzen. Damit summiert sich der Anteil der "Gründlichleser" auf beachtliche 56,7 Prozent. Das ist ein Wert, der nach meiner Kenntnis von gewerkschaftlichen Publikationen nur sehr selten erreicht wird. Das Schaubild auf Seite 58 zeigt darüber hinaus, dass sich das Nutzungsniveau gegenüber den beiden Vorläufererhebungen aus 1987 und 1993 erheblich gesteigert hat.

Der Sprung in der Nutzungsintensivierung kann mit der Überalterung der Stichprobe allein nicht erklärt werden. Er ist wahrscheinlich vor allem zurückzuführen auf eine wichtige Modifikation des Produkts in den zurückliegenden Jahren. Die Redaktion hat sich unübersehbar bemüht, neben dem Titelthema pro Heft regelmäßig weitere Schwerpunkte zu bedienen und das Blatt stärker zu rubrizieren. Das hat sich offenbar ausgezahlt: Der Anteil derjenigen, die vorzugsweise nur Beiträge in Ausgaben lesen, deren Titelthema sie interessiert, hat sich deutlich von 62,7 Prozent in 1993 auf 29,6 Prozent in 2004 vermindert.

Wenig verändert hat sich dagegen am Profil thematischer Interessiertheit. Damals wie heute wächst die Zuwendungsbereitschaft zu Artikeln stark, wenn es um Probleme der Wirtschafts- und Sozialpolitik, der Tarifpolitik, der Mitbestimmung in Betrieb und Unternehmen sowie des Arbeits- und Sozialrechts geht. Jeweils annähernd zwei von drei Befragten haben angegeben, an diesen Themenkomplexen prinzipiell stark interessiert zu sein. Vor allem ein Komplex hat demgegenüber spürbar an Aufmerksamkeit verloren. Fragen von "Umwelt, Ökologie und Nachhaltigkeit" banden 1993 das starke Interesse von 52,3 Prozent der Leserinnen und Leser. Heute sind das nur noch 22,9 Prozent - ein Umstand, der im Übrigen von demoskopischen Befunden seit einiger Zeit bestätigt wird.

Positive Beurteilung des redaktionellen Angebots

Die "Mitbestimmung" erfreut sich bei ihrem Zielpublikum vor allem deshalb einer hohen Wertschätzung, weil ihr im Spektrum konkurrierender Medienangebote ein gewisser Exklusivstatus zugebilligt wird. 68 Prozent geben an, im Magazin der Hans-Böckler-Stiftung Informationen zu bekommen, die sie woanders nicht finden. So kann es kaum verwundern, dass die redaktionellen Inhalte der Zeitschrift auf eine insgesamt recht positive Resonanz stoßen. Etwa vier von fünf Leserinnen und Lesern (82,4 Prozent) beurteilen die "Mitbestimmung" unter inhaltlichen Gesichtspunkten als "gut" (71,7 Prozent) oder gar "sehr gut" (10,7 Prozent). 1993 belief sich der Vergleichswert beider positiven Zuschreibungen auf 72 Prozent.

Neben dem Exklusivstatus gilt vielen Befragten die Breite des inhaltlichen Angebots als besondere Stärke des Blattes. Offenbar versteht es die Redaktion gut, über die Monate und Jahre hinweg die Themen so zu mischen, dass sie große Teile ihres Zielpublikums immer wieder erreicht. Nicht alle sind aber mit der Art und Weise einverstanden, wie die jeweiligen Themen redaktionell behandelt werden. Im Rahmen einer die schriftliche Befragung begleitenden Serie von 50 Interviews haben wir die Gelegenheit genutzt, von unseren Gesprächspartnern Ansichten nicht nur über die Stärken, sondern auch über die Schwächen der "Mitbestimmung" zu ergründen.

Stellvertretend für andere moniert ein Arbeitsdirektor: "Ich habe mich im Lauf der Jahre immer mehr von der ,Mitbestimmung‘ verabschiedet, weil ich sie im Unterschied zu den WSI-Mitteilungen für substanzlos halte. Das war früher einmal besser. Mir ist das meiste zu oberflächlich. Vor allem bei den Themen, die mich besonders interessieren, wenn es um Mitbestimmung im Unternehmen geht, vermisse ich die Gründlichkeit. Ich finde zu wenig harte Fakten in den Beiträgen. Die Erklärungen schwieriger Probleme und Konflikte geschieht nicht. Vieles verbleibt meistens an der Oberfläche. Dann breche ich die Lektüre häufig ab. Das ist nichts Halbes und nichts Ganzes."

Dagegen meint ein Gewerkschaftssekretär der IG Metall: "Mir gefällt an der ,Mitbestimmung‘, dass sie über den Tellerrand einzelner Gewerkschaften hinausblickt. Sie hat einfach einen breiteren Blickwinkel. Wenn man sie genau liest, wie ich das meistens tue, entdeckt man, dass die verschiedensten Akteure zu Wort kommen. Bei den Betriebsreportagen finde ich regelmäßig die Ansichten nicht nur der Betriebsräte, sondern auch der Unternehmensvertreter. Das fehlt mir häufig in den Publikationen meiner eigenen Organisation."

Andere reiben sich am fehlenden Mut zur kontroversen Erörterung von Sachverhalten in den Spalten der Zeitschrift, obwohl sie zumeist einräumen, hier habe sich über die Jahre hinweg gerade in Relation zu anderen Publikationen aus dem Umfeld der Gewerkschaften manches zum Besseren gewendet.

Erfolgreiche Veränderung des Layouts

Häufig scheiden sich gerade am äußeren Erscheinungsbild eines Printmediums die Geister, weil die ästhetischen Empfindungen wie die gewohnheitsmäßigen Formen des Umgangs mit bedrucktem Papier recht eigensinnig sind. In den zurückliegenden Jahren ist dem gründlichen Leser des Magazins nicht verborgen geblieben, dass sich die Redaktion behutsam, aber konsequent ein neues Gesicht gegeben hat, das sie in unverwechselbarer Weise profilieren konnte. Dieses "Lifting" zu einem Produkt mit klarer Struktur, großzügiger wie übersichtlicher Seitengestaltung sowie einer zunehmend abwechslungsreichen Illustrationspraxis hat Spuren im Leserurteil hinterlassen, wie das Schaubild auf dieser Seite zeigt.

Wir sehen, dass der Anteil derjenigen, die dem Produkt unter formalen Gesichtspunkten allenfalls bescheinigen, teilweise gut zu sein, von 27,9 Prozent in 1993 auf gegenwärtig nur noch 14,5 Prozent geschrumpft ist. Die folgenden Aussagen aus unseren Interviewprotokollen illustrieren den positiven Gesamteindruck der meisten Leserinnen und Leser.

"Ich empfinde die Gestaltung als ausgesprochen ansprechend. Da gibt es in der Gewerkschaftspresse eine Menge Zeitungen, die brutal schlecht sind. Vor diesem Hintergrund wirkt sie auf mich besonders angenehm. Ich bin mit dem Äußeren rundum zufrieden. Früher hatten sie diesen Flattersatz. Das hat mich gestört. Durch den Blocksatz wirkt alles viel ruhiger." (Arbeitsdirektor mit beruflichen Erfahrungen als Schriftsetzer)

"Auf mich wirkt das recht hochwertig. Alles ist übersichtlich. Man kann rasch die ergänzenden Informationsangebote zu den verschiedenen Artikeln finden. Sehr professionell. Was ich auch gut finde, das sind die vielen freien Flächen. Das ermuntert mich, mir gleich Anmerkungen in das Heft zu schreiben." (Stipendiat)

"Die Aufmachung gefällt mir. Die Artikel sind nicht zu lang, alles ist übersichtlich angeordnet, im Unterschied zu den WSI-Mitteilungen und zu den Gewerkschaftlichen Monatsheften, die auf mich viel zu anstrengend wirken. Ich glaube, dass die Machart in ihrer modernen Form gut an die Lesegewohnheiten der Leute angepasst ist." (Betriebsrat)

Mehr über erfolgreiche Praxis der Mitbestimmung

Auch Gutes kann man besser machen. Auf diesen Nenner lassen sich die meisten Vorschläge bringen, die Leserinnen und Leser im Rahmen der schriftlichen wie der mündlichen Befragung an Herausgeber und Redaktion adressiert haben. Die Palette der im Ergebnisbericht aufgelisteten Empfehlungen ist vielfältig, bietet den Macherinnen und Machern eine Fülle von Anregungen. Einige wünschen sich eine "verständlichere Sprache", andere finden, die besonderen Belange ihrer Branche sollten stärker berücksichtigt werden.

Im Mittelpunkt steht der Wunsch, dass das Magazin der Hans-Böckler-Stiftung gerade in schweren Zeiten, in denen die Mitbestimmung im Betrieb wie im Unternehmen einem scharfen Gegenwind ausgesetzt ist, seinem Namen noch mehr Ehre machen soll, indem es Beispiele erfolgreicher Mitbestimmung in den Vordergrund rückt und damit zur Nachahmung anregt. Ein Unternehmensberater und langjähriger Leser der Zeitschrift, der vor allem in der Betriebsräteberatung tätig ist, benennt, woran es in der Praxis oft mangelt:

"Ich weiß aus meiner Beratungspraxis, dass viele Betriebsräte darunter leiden, dass es zwischen der Aktivität der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat und der Tätigkeit der Betriebsräte keine ausreichende Koordination gibt. Beide Ebenen arbeiten häufig aneinander vorbei. Woran liegt das? Wie kann man das ändern? Diesem Problem müsste die Zeitschrift mehr Aufmerksamkeit zuwenden."

Auf einen Blick

- Die "Mitbestimmung" findet in großen Gruppen ihres Bezieherkreises einen guten Anklang.
- Sie wird verhältnismäßig gründlich genutzt und nach Inhalt wie Form ganz überwiegend positiv beurteilt.
- Die Leserinnen und Leser fühlten sich dem Blatt künftig noch enger verbunden, wenn die Redaktion noch stärker als bisher Beispiele erfolgreicher Praxis der Interessenvertretung in Betrieb und Unternehmen in den Mittelpunkt der Berichterstattung stellen würde.

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