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Magazin Mitbestimmung

Interview: "Chance für die Mitbestimmung"

Ausgabe 03/2016

Aus Eigennutz beschert die sehr junge Generation Z Gewerkschaften Mitglieder, 
sagt Christian Scholz. Der Betriebswirt sprach auf der Vollkonferenz der Arbeitsgemeinschaft Engere Mitarbeiter der Arbeitsdirektoren Stahl über einen neuen Typus Arbeitnehmer. 

Herr Scholz, warum sehen Sie in der Generation Z, also in den unter 21-Jährigen, eine Chance für die Mitbestimmung? 

Die Generation Z ist viel mehr als ältere Generationen von klein auf klare Strukturen gewöhnt: Kindergarten, Ganztagsschule, Bologna-Reform und fast immer eine sehr fürsorgliche Erziehung. Außerdem haben die Z-ler viele Burn-outs der Älteren erlebt. Sie sind gut informiert, kennen ihre Rechte und wollen Arbeit und Privates klar trennen. In der Mitbestimmung sehen sie die Chance, individuelle Vorteile in der Arbeitswelt zu gewinnen. 

Was heißt das für die Arbeit von Betriebs- und Personalräten? 

Dem typischen Vertreter der älteren und leistungsorientierten Generation Y, der ab 1980 Geborenen, ist ein Gang zum Betriebsrat eher peinlich, weil „uncool“. Der Z-ler aber denkt, der Betriebsrat hat die Aufgabe, ihn gegen den Chef zu verteidigen, im Streit oder wenn es ihn oder sie stört, dass der Chef beim gemeinsamen Mittagessen Dienstliches bespricht. Die Folge ist: Der Stellenwert von Betriebs- und Personalräten steigt. 

Aber ihre Arbeit wird auch schwieriger.

Ja. Derzeit ist die Personalarbeit auf die Generation Y zugeschnitten: zum Beispiel auf deren Wunsch nach großen, offenen Büros. Jüngere wünschen sich stattdessen eine persönlichere Arbeitsatmosphäre. Sie wollen auch nicht für den Chef sieben Tage die Woche rund um die Uhr verfügbar sein. 

Die Vertreter der Generation Z sind noch jung. Werden sich ihre Ansichten noch ändern? 

Nein, das wissen wir von früheren Generationen. Die haben sich im Laufe ihres Lebens auch kaum geändert. In zehn Jahren werden somit genau diese Vertreter der Generation Z es sein, die als treibende Kraft im Unternehmen auftreten – und das ist auch gut so: Denn ständige Selbstausbeutung von Mitarbeitern kann nicht die Basis unserer Zukunft sein. 

Bringt die junge Generation auch mehr Interesse auf für Gewerkschaften?

Ja, für die jungen Arbeitnehmer sind Gewerkschaften „nützlich“. Und dieses Kalkül wird den Gewerkschaften neue Mitglieder bescheren. Dagegen gelten sie für die Vorgängergeneration Y ähnlich „uncool“ wie Betriebs- und Personalrat. 

Das werden die Gewerkschaften gerne hören. 

Aber nicht zu früh. Denn die Z-ler werden sich nicht aktiv in eine Mitbestimmungsdiskussion einbringen. Sie haben eine große Abneigung gegen die Politik. Ein Besuch beim Betriebsrat oder ein Eintritt in die Gewerkschaft ist für sie kein Ausdruck politischer Überzeugung, sondern ein simples Nutzenkalkül.

Zur Person

Christian Scholz ist Professor für Betriebswirtschaftslehre und Personalmanagement an der Universität des Saarlandes. Er führt eigene Umfragen zur Generation Z durch und wertet aktuelle Studien über sie aus.

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