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HBS Böckler Impuls

Arbeitsvermittlung: Wem nützt das Kundenzentrum?

Ausgabe 03/2005

Der Umbau der Arbeitsagenturen zu Kundenzentren ist ein Kernstück der Reformbemühungen auf dem Arbeitsmarkt. Erste Erfahrungen sind positiv: Eine systematischere Arbeitsweise "erhöht die Qualität des Kundenservice", folgert eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Evaluierungsstudie. Doch noch ist nicht gewährleistet, dass jeder Kunde die Dienstleistung bekommt, die er auch wirklich braucht.

In der neuen Vermittlungskonzeption ist der Arbeitgeber der wichtigste Kunde: Er bringt die Stellen, die zur Vermittlung benötigt werden. Das "Handlungsprogramm Arbeitgeber" legt zudem fest, dass sich die Bemühungen auf die "potenzialreichen" Arbeitgeber - also die mit einem hohen Personalbedarf - konzentrieren sollen. "Im Grunde eine Verschwendung von Ressourcen", konstatiert die Studie: Unzählige kleine und mittelgroße Unternehmen hätten eine Unterstützung bei der Personalsuche offensichtlich nötiger.


Wer braucht die Agentur?
Ähnlich ist die Situation auf Seiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Nicht jede/r Arbeitslose benötigt gleich viel Unterstützung von der Arbeitsagentur. Der so genannte Marktkunde, jung und/oder gut qualifiziert, soll sich selber helfen und eine neue Stelle finden - beispielsweise über den virtuellen Arbeitsmarkt der Bundesagentur für Arbeit. Aber: Wird die Arbeit der Vermittler - wie in einigen Beispielen dokumentiert - an der Zahl der erledigten Fälle gemessen, wird der Marktkunde zum bevorzugten Kunden - obwohl er die Dienstleistungen der Vermittler nicht braucht. Denn Marktkunden lassen sich deutlich einfacher vermitteln als die so genannten Beratungskunden.


Praktische Probleme bei der Vermittlung
Durch die Vorsortierung der Kunden im Eingangsbereich des Kundenzentrums, Terminvergaben und neue Telefon-Servicezentren werden die Berater und Vermittler deutlich entlastet. Der Anteil der bürokratischen Verpflichtungen ist aber weiterhin hoch: Von der im Konzept für das Kundenzentrum vorgesehenen reinen Beratungszeit von 25 Stunden pro Woche und Vermittler ist die Wirklichkeit "noch um einiges entfernt", stellen die Autoren Peter Ochs und Holger Schütz fest.


Überforderte Kunden:
Viele Kunden kommen mit den neuen Abläufen nicht zurecht. Das "Arbeitspaket" beispielsweise, in dem wesentliche Informationen zu Ausbildung und Berufswünschen vor dem Beratungsgespräch eingetragen werden sollen, reicht im Schnitt nur jeder zweite Kunde  rechtzeitig ein. Mit der Folge, dass entweder der Gesprächstermin verschoben wird oder doch der Vermittler die notwendigen Informationen zusammen sucht - zu Lasten der Beratungszeit.


Langwierige Rechtsbelehrung:
Über Rechte und Pflichten informieren auch in den neuen Kundenzentren wenigstens teilweise die Vermittler. Zitat eines Befragten: "Es wird belehrt und alles sauber dokumentiert." Damit gehen bis zu 20 Minuten verloren, die zur Beratung genutzt werden sollten. Die zeitsparende Rechtsfolgenbelehrung in Gruppenveranstaltungen gab es bereits, wurde jedoch in zwei der drei untersuchten Kundenzentren "wegen der Bindung personeller Ressourcen" (O-Ton Interviewpartner) wieder gestrichen.

 
Qualität der Vermittler:
Im neuen Kundenzentrum haben die Vermittler mehr Zeit - sie beraten jedoch nicht automatisch besser: Denn über Jahre wurde vor allem Rechts- und Computeranwendung geübt, nicht aber professionelle Beratung. Abhilfe könnten mittelfristig angelegte Trainingsprogramme schaffen. Einmalige Schulungen dürften nicht ausreichen, erklären Ochs und Schütz.


Wenig Erfolgserlebnisse:
Ein Manko der neuen wie der alten Konzeption liegt darin, dass die Vermittler so gut wie keine Informationen über Erfolge ihrer Arbeit haben: Stattdessen müssen sie sich "immer wieder mit Versäumnissen, Ausweich- und Verweigerungshandlungen von Bewerbern beschäftigen". Ochs und Schütz fehlt damit "eindeutig eine Perspektive, die sich an der erfolgsorientierten Betrachtung ausrichtet".

  • Der Umbau der Arbeitsagenturen zu Kundenzentren ist ein Kernstück der Reformbemühungen auf dem Arbeitsmarkt. Erste Erfahrungen sind positiv: Eine systematischere Arbeitsweise „erhöht die Qualität des Kundenservice“, folgert eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Evaluierungsstudie. Doch noch ist nicht gewährleistet, dass jeder Kunde die Dienstleistung bekommt, die er auch wirklich braucht. Zur Grafik

Peter Ochs, Holger Schütz: Das Neue im Alten und das Alte im Neuen
Expertise zur Reform der BA, 2004.

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