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HBS Böckler Impuls

Konjunktur: Sparkurs treibt die Schulden hoch

Ausgabe 01/2013

Der Sparkurs hält viele Länder des Euroraums in der Rezession, warnt das IMK. Neue Studien unterstreichen das: Austerität in der Krise schädigt die Wirtschaft stärker als bislang angenommen.

0,8 Prozent Wirtschaftswachstum im Jahr 2013 prognostiziert das IMK für Deutschland. Das ist nach Berechnung der Forscher zu wenig, um zu verhindern, dass die Arbeitslosigkeit wieder leicht steigt, doch weitaus mehr, als viele Nachbarn im Euroraum erwarten können: In sieben Ländern dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr schrumpfen, im Durchschnitt des Euroraums geht es um 0,5 Prozent zurück.

Ein wesentlicher Grund für die hartnäckige Krise ist nach Analyse des IMK der strenge Sparkurs in den meisten EU-Staaten. Auch in diesem Jahr planen „von den elf größten Euroraum-Ländern alle mit Ausnahme Deutschlands weitere – teilweise drastische – Einschnitte in ihren öffentlichen Haushalten“. Daraus ergebe sich ein deutlich negativer fiskalischer Impuls im Euroraum. „Die europäischen Regierungen haben jetzt zwei Jahre lang versucht, sich aus der Krise herauszusparen. Eingetreten ist das Gegenteil: Immer mehr Länder rutschen in eine Rezession, und dabei wachsen ihre Staatsschulden weiter“, sagt Gustav Horn, der Wissenschaftliche Direktor des IMK.

Wie kontraproduktiv ein Kürzungskurs zur falschen Zeit wirken kann, unterstreichen mehrere neue Untersuchungen, die das IMK ausgewertet hat. Die Studien, unter anderem vom Internationalen Währungsfonds (IWF), legen nahe: Striktes Sparen bremst in einem wirtschaftlichen Abschwung die Wirtschaft weitaus stärker, als angenommen und in den Stabilisierungsprogrammen unterstellt wurde.

Bislang gingen viele Wissenschaftler und auch die EU-Kommission davon aus, dass jeder Euro, den der Staat durch Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen dem Wirtschaftskreislauf entzieht, das BIP um etwa 50 Cent reduziert. Dagegen veranschlagen die neuen Studien diesen so genannten Multiplikator je nach wirtschaftlicher Lage mit eins zu eins oder höher. Bei Ausgabenkürzungen in einer Rezession sind sogar Multiplikatoren über zwei möglich. Das heißt: Jeder Euro, den der Staat einspart, senkt das BIP um zwei Euro. Die schlechtere Wirtschaftsentwicklung kostet wiederum öffentliches Geld: Steuereinnahmen gehen zurück, die Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung und Fürsorge wachsen.

„Dass die harten Einschnitte in den Krisenländern nicht von Erfolg gekrönt sind, liegt nicht etwa an einer laschen Umsetzung, sondern ist die makroökonomisch zwingende Folge eines sich selbst konterkarierenden Austeritätskurses“, schreiben die Konjunkturexperten der Hans-Böckler-Stiftung. Um Wachstum und Beschäftigung in Europa nicht noch weiter zu beeinträchtigen, empfehlen sie, die Sparmaßnahmen in den Krisenländern zeitlich zu strecken. Außerdem solle sich die Konsolidierung dort weniger auf Ausgabenkürzungen stützen, sondern stärker auf die Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen. Das sei nicht nur sozial gerechter, sondern auch weniger schädlich für die Konjunktur.

Parallel sollte auch Deutschland mehr zur konjunkturellen Entspannung in Europa beitragen als bisher, so die Forscher. Wenn hierzulande die öffentlichen Investitionen stiegen, ließen sich zwei Ziele erreichen: Erstens käme die notwendige Modernisierung von Infrastruktur und Bildungssystem voran. Zweitens würde die höhere deutsche Binnennachfrage den Handelspartnern im Euroraum größere Exportmöglichkeiten eröffnen. Um Vorgaben der Schuldenbremse einzuhalten, könnten zusätzliche Investitionen durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes in der Einkommensteuer sowie höhere Steuern auf große Vermögen und Erbschaften finanziert werden.

Auch eine stärkere Lohnentwicklung als während des vergangenen Jahrzehnts würde nach der IMK-Analyse die Wirtschaft beleben und den Anpassungsprozess im Euroraum unterstützen. Um dafür die Rahmenbedingungen zu verbessern, empfehlen die Forscher Reformen am Arbeitsmarkt, die Fehlentwicklungen durch zu weitgehende Deregulierung korrigieren. Dazu zählt das IMK einen allgemeinen Mindestlohn und einfachere Verfahren zur Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen.

  • Der strikte Sparkurs hält viele Euro-Länder in der Rezession, warnt das IMK. Im Durchschnitt der Währungsunion schrumpft die Wirtschaft 2013 um 0,5 Prozent. Zur Grafik

Gustav Horn, Sebastian Gechert u.a.: Inmitten der Krise des Euroraums: Herausforderungen für die Wirtschaftspolitik 2013 (pdf), IMK Report Nr. 79, Januar 2013

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