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Sozial ausgewogen mit Nachbesserungsbedarf Böckler Impuls

Energie-Entlastungspakete: Sozial ausgewogen mit Nachbesserungsbedarf

Ausgabe 13/2022

Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Entlastung bei den Energiekosten greifen. Haushalte von Nicht-Erwerbstätigen mit geringem Einkommen kommen aber laut IMK zu kurz.

In einer aktuellen Studie analysieren Silke Tober und Sebastian Dullien vom IMK die Wirkung der laufenden Entlastungspakete der Bundesregierung. Ihr Urteil: „sozial ausgewogen mit Nachbesserungsbedarf“. Die Forschenden veranschlagen etwa für eine durchschnittliche vierköpfige Familie mit zwei Erwerbstätigen und niedrigem Haushaltseinkommen für das Gesamtjahr 2022 eine Entlastung um 1060 Euro. Dabei musste diese Familie trotz der preislichen Entlastungen bei Strom, Kraftstoffen und im öffentlichen Nahverkehr von Januar bis Juli insgesamt 826 Euro zusätzlich für Haushaltsenergie, Kraftstoffe und Lebensmittel ausgeben. 

Auf das Gesamtjahr gerechnet gehen die Forschenden aktuell davon aus, dass die staatlichen Hilfen die zusätzlichen Preisschübe bei Energie und Lebensmitteln für solche Familien zu 64 Prozent ausgleichen. Bei Familien mit zwei Erwerbstätigen und mittleren Einkommen sind es 54 Prozent, bei Alleinlebenden im Grundsicherungsbezug oder mit sehr niedrigen Erwerbseinkommen sind es 90 beziehungsweise 75 Prozent. Schwächer fällt die Entlastungswirkung bei Alleinerziehenden und Familien mit mittleren Einkommen aus, bei denen nur ein Elternteil erwerbstätig ist. Sie kommen auf 48 beziehungsweise 44 Prozent. Dabei ist allerdings die von der Bundesregierung angekündigte vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer auf Erdgas noch nicht berücksichtigt. Laut Dullien dürfte dieser Schritt „die Entlastungsquote für das laufende Jahr allerdings in der Summe nur um einzelne Prozentpunkte erhöhen und das Gesamtbild nicht verändern“.

Ein großes Manko der bisherigen Entlastungspakete sehen Tober und Dullien darin, dass Haushalte von Nicht-Erwerbstätigen mit geringem Einkommen kaum entlastet werden, sofern sie keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben oder diesen nicht geltend machen. So erhält eine alleinlebende Person im Ruhestand ohne Wohngeldanspruch mit einem Nettoeinkommen von unter 900 Euro nur für zehn Prozent der zusätzlichen Belastung einen Ausgleich. Selbst wenn die Jahresinflationsrate, wie bislang vom IMK prognostiziert, nicht höher als 6,9 Prozent ausfallen sollte, „besteht daher ein dringender Nachbesserungsbedarf im Bereich niedriger Einkommen, die oberhalb der Grenze für Sozialleistungen liegen“. Weitere staatliche Hilfen im Herbst seien notwendig. 

Das vom Finanzministerium vorgeschlagene „Inflations­entlastungsgesetz“, das auf eine Erhöhung des Grundfreibetrags und des Kindergeldes sowie eine Verschiebung der Tarifeckwerte des Einkommenssteuertarifs setzt, eigne sich aber nicht für eine gezielte Entlastung der besonders betroffenen Haushalte, betonen Dullien und Tober. Die vorgeschlagene Steuerentlastung sei so gestaltet, dass sie die höchste absolute Entlastung für Menschen bringt, die den Spitzensteuersatz zahlen. Weitaus besser geeignet wären etwa eine weitere Energiepauschale für alle Haushalte sowie ein Preisdeckel für einen Grundverbrauch beim Gas.

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