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HBS Böckler Impuls

Arbeitsmarkt: Selten Hilfe im Haushalt erwünscht

Ausgabe 08/2010

Die Nachfrage nach Haushaltsdienstleistungen ist in Deutschland gering. Der Grund dafür sind vor allem kulturelle Vorbehalte, weniger finanzielle Engpässe.

Mit der Abkehr vom Modell der Vollzeit-Hausfrau stellt sich die Frage: Wer macht den Haushalt und betreut die Kinder? Viele junge Erwachsene und Familien haben ein Problem mit der Vereinbarkeit zwischen Erwerbsarbeit und privatem Alltag. Daher könnte man ein wachsendes Interesse an Dienstleistungen im Haushalt erwarten. Bislang blieb die große Nachfrage nach professioneller Hilfe beim Putzen, Waschen, Aufräumen, Kochen aus - trotz steuerlicher Förderung. Nicht einmal jeder zehnte Haushalt überlässt die Hausarbeit einem Dienstleister, ermittelte die Arbeitssoziologin Birgit Geissler. Den potenziellen Bedarf an Haushaltsdienstleistungen untersuchte sie mithilfe einer Befragung von gut 2.000 Haushalten mit mindestens einem Erwerbstätigen zu Belastungen durch Hausarbeit und Hilfe von Externen.

Nicht nur eine Frage des Geldes. Ihren Verzicht auf Dienstleister begründeten die Befragten vor allem mit Vorbehalten gegen das Engagement Fremder im privaten Haushalt: Mehr als zwei Drittel gaben an, diese Arbeit "schon immer selbst gemacht" zu haben oder waren der Auffassung, dass man diese Arbeiten selbst erledigen sollte. Erst an vierter Stelle nannten die Befragten finanzielle Gründe. Angesichts solcher Argumente spricht die Professorin an der Universität Bielefeld von weit verbreiteten "kulturell motivierten Vorbehalten" gegen haushaltsnahe Dienstleistungen. "Die Erledigung von Haushaltsarbeit betrifft den privaten Raum im Sinne von Intimität und Vertrauensbeziehungen; das Bedürfnis nach Abschottung dieser Sphäre kann zur Ablehnung von Dienstleistungen führen."

Anhand 56 vertiefender Interviews hat Geissler die Lebensumstände und Einstellungen der Befürworter und Gegner von Haushaltsdienstleistungen genauer untersucht. Dabei machte die Forscherin fünf unterschiedliche Typen aus:

Die "Pragmatischen Dienstleistungsnutzer" zählen zur Minderheit derer, die auf Haushaltshilfen zurückgreifen. Sie sind meist vollzeitbeschäftigt und wollen die verbleibende freie Zeit mit ihren Kindern oder Partnern verbringen. Dienstleister im Haushalt sehen sie als normale "Geschäftspartner" an.

Ähnlich denken die "Potenziellen Nutzer": Auch sie empfinden die Hausarbeit eher als Belastung und würden gern durch professionelle Unterstützung Zeit für ihre Kinder gewinnen - können es sich aber nicht leisten. "Definitiv nur das Geld" halte sie ab.

Die "Interessierten" zeichnet hingegen der Wille zum "Selbstmachen" aus. Der Wunsch nach Privatsphäre und dem Erhalt ihrer Gewohnheiten ist stärker als der nach Hilfe. Dennoch wäre das Engagement eines Dienstleisters als "Luxus" für sie prinzipiell denkbar. Geissler zählt zu dieser Gruppe vor allem Haushalte mit überwiegend kleinen Kindern und einer eher traditionellen Rollenverteilung.

In den "passiven Haushalten" leben eher ältere Menschen, nur die Hälfte mit Kindern. Die Hausarbeit wird von ihnen wertgeschätzt und mit Sorgfalt verrichtet. Haushaltsdienstleistungen lehnen sie klar ab, weil sie die Arbeit selbst erledigen wollen und keine Fremden in ihrer Privatsphäre wünschen.

Noch ausgeprägter ist diese Haltung bei den "Ablehnern": Ungeachtet ihres tatsächlichen Bedarfs verzichten die zumeist kinderlosen Haushalte aus Prinzip auf professionelle Hilfe. Geissler spricht hier von einem "grundsätzlichen Misstrauen" gegenüber Dienstleistern. Eine Untergruppe äußert eine "diffus politisch motivierte Kritik" an Haushaltsdienstleistungen: Sie möchten nicht als "Dienstboten-Ausbeuter" auftreten.

Kinderbetreuung gefragter: Anders als bei der Hausarbeit dominiert bei der Kinderbetreuung nicht mehr das Prinzip des "Selbstmachens". Die Befragten seien sich einig, dass Kinder nicht ausschließlich zu Hause betreut werden müssen, erklärt Geissler. Alle untersuchten Haushalte mit Kindern gaben an, Dienstleister für ihren Nachwuchs in Anspruch zu nehmen. Insbesondere Angebote über den Kindergarten hinaus wie Tagesmütter, Au-Pairs oder Krippen würden - bei entsprechendem Angebot - von Eltern genutzt. So können Frauen möglichst schnell wieder in den Beruf einsteigen, erläutert die Professorin.

Um eine ähnliche Akzeptanz auch für Dienstleister in der Hausarbeit zu etablieren, ist nach Ansicht der Arbeitssoziologin zunächst eine Professionalisierung des Berufszweigs nötig. Damit sich Haushaltsdienstleister reibungslos in die Abläufe privater Haushalte integrieren können, sollten sie für diese Arbeit ausgebildet sein. Zudem müsse ihr Arbeitsverhältnis rechtlichen und sozialen Mindeststandards genügen, erklärt Geissler.  

  • Die Deutschen engagieren nur selten professionelle Hilfe für den Haushalt. Der Grund dafür sind vor allem kulturelle Vorbehalte, weniger finanzielle Engpässe. Zur Grafik

Birgit Geissler: Der private Haushalt als Arbeitsplatzreservoir? Zur Akzeptanz und Abwehr von Haushaltsdienstleistungen, in: WSI-Mitteilungen 3/2010.

Weitere Infos zum Forschungsprojekt 

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