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Ökonomen warnen vor Wirtschaftskrise Böckler Impuls

Energieimporte aus Russland: Ökonomen warnen vor Wirtschaftskrise

Ausgabe 05/2022

Ein abruptes Embargo gegen Gas-, Öl- und Kohlelieferungen aus Russland hätte drastische Folgen für Wirtschaft und Privathaushalte in Deutschland.

Der sofortige Stopp russischer Energieimporte brächte die Gefahr einer neuen Wirtschaftskrise in Deutschland mit sich. Kurzfristig lassen sich für Gas und Kohle aus Russland keine anderen Lieferquellen erschließen, die den Ausfall ausgleichen. Darauf weisen Sebastian Dullien vom IMK und der Mannheimer Wirtschaftsprofessor Tom Krebs hin.

Die Ökonomen widersprechen damit den Aussagen anderer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, unter anderem aus den Reihen der Leopoldina, die davon ausgehen, dass „ein kurzfristiger Lieferstopp von russischem Gas für die deutsche Volkswirtschaft handhabbar wäre“. Das bedeute nicht, betonen Dullien und Krebs, dass man ein Embargo grundsätzlich ausschließen muss. Letztlich sei das eine politische Entscheidung. Man sollte sich dabei aber der Konsequenzen bewusst sein. Die Effekte wären ähnlich wie in der Coronakrise – die Wirtschaftsaktivität könnte einbrechen und die Arbeitslosigkeit hochschnellen, schätzen die Forscher. Darüber hinaus würde die Inflation nochmals kräftig anziehen.

Als Erstes betroffen wären Industriebetriebe, die ihre Produktion unterbrechen müssten. Diejenigen mit hohem Energieverbrauch müssten mit Rationierung rechnen und den Betrieb herunterfahren. Das beträfe nicht nur jene Unternehmen, die Erdgas etwa für Prozesswärme benötigen, sondern potenziell auch Stahlwerke, die russische Kohle verheizen, und Großverbraucher von Elektrizität, weil Erdgas und russische Kohle in der Stromerzeugung eingesetzt werden. Das könnte zu einem Dominoeffekt führen. „Wie wir in den vergangenen beiden Jahren gesehen haben, kann eine kleine Störung in den komplexen Wertschöpfungsketten einer modernen Volkswirtschaft erhebliche Auswirkungen auf die Produktion nachgelagerter Unternehmen und angrenzender Branchen haben“, so die Forscher.

Hinzu kommen deutlich steigende Kosten für Privathaushalte. Im Extremfall könnten die Mehrausgaben für Kraftstoffe, Heizung und Elektrizität mehrere Hundert Euro pro Monat betragen. Die Menschen würden ihre Ausgaben für andere Dinge einschränken, was wiederum die Binnennachfrage schwächt und den wirtschaftlichen Abschwung beschleunigt. Die Einkommensverluste durch Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit würden die Konsumzurückhaltung noch verstärken. Zugleich würden die steigenden Energiepreise die Inflation anheizen. Es droht also ein wirtschaftlicher Abschwung verbunden mit einer hohen Inflationsrate von mehr als fünf Prozent. Die Folgen können zwar durch eine Reaktion von Zentralbank und Fiskalpolitik abgefedert, aber bei weitem nicht ausgeglichen werden.

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Im Podcast „Systemrelevant“ erklärt Sebastian Dullien, wie sich der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen auf die Wirtschaft auswirken könnten.

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