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HBS Böckler Impuls

Arbeitszeit: Neun bis fünf, das war einmal: Arbeitszeiten im Dauerlauf

Ausgabe 13/2005

Der Trend zur Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft ist ungebrochen: Mehr als die Hälfte aller abhängig Beschäftigten erledigt ihre Arbeit inzwischen (auch) am Wochenende, an Feiertagen, abends oder nachts. Wenn die Steuervorteile für Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge abgeschafft würden, wäre etwa jeder vierte Beschäftigte betroffen.

Die klassische "Normalarbeitswoche" - Montag bis Freitag und immer tagsüber - war einmal. Fast neun Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer arbeiten an Sonn- und Feiertagen, fünf Millionen leisten Nachtarbeit.

Am stärksten zugenommen hat die Arbeit am Samstag. 40,5 Prozent der Beschäftigten müssen heute auch an Samstagen zur Arbeit. Vor vierzehn Jahren (1991) war es noch nicht mal ein Drittel.

"Samstags gehört Vati mir" warb ein Gewerkschaftsplakat in den 60ern für den freien Tag. Heute gehören an diesem Tag 47 Prozent der männlichen Beschäftigten dem Chef. Und auch Mami geht am Wochenende immer häufiger in die Fabrik oder ins Geschäft: Über 40 Prozent der Arbeitnehmerinnen arbeiten auch samstags.

Nicht ganz so rasant - aber ebenfalls deutlich - haben Arbeiten am Sonntag zugenommen. Mehr als jeder Fünfte muss heute auch am klassischen Ruhetag "schaffen gehen", Anfang der 90er-Jahre waren das nur 17 Prozent.

Bei der besonders belastenden Nachtarbeit ist die Steigerung zwar eher gering - doch immerhin 14 Prozent aller Beschäftigten müssen dann arbeiten gehen, wenn andere schlafen. Ausschließlich zu der Tageszeit, die dem Bio-Rhythmus kräftig zuwider läuft, machen etwa 2,8 Millionen Menschen - das sind 9,2 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer - ständig oder regelmäßig ihren Job.

Trend zur Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft

Für Dr. Hartmut Seifert, Leiter des WSI, spricht vieles dafür, dass der Trend zur Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft weiter anhält. Er sieht dafür vor allem drei Gründe:

  • Die Unternehmen versuchen, steigenden Kapitalkosten durch längere Betriebsnutzungszeiten entgegen zu wirken. Je geringer der Zeitanteil ist, an dem Maschinen und Gebäude ungenutzt bleiben, desto niedriger fallen die Kapitalstückkosten aus. 
  • Personale Dienstleistungen werden vielfach unabhängig von der Uhrzeit angeboten und nachgefragt. Gesundheits- und  Pflegeleistungen, Verkehrs-, Unterhaltungs- und Sicherheitsdienstleistungen werden nicht nur zu den "klassischen Arbeitszeiten", sondern oft kontinuierlich verlangt. Die Alterung der Gesellschaft wird diesen Trend noch verstärken. 
  • Die Globalisierung mit der wachsenden internationalen Arbeitsteilung und der Vernetzung Kontinente übergreifender Wirtschaftsbeziehungen führt dazu, dass Informationen zu allen Tageszeiten über die Zeitzonen hinweg ausgetauscht werden.

Unionspläne träfen Geringverdiener

CDU und CSU haben in ihrem Bundestagswahlprogramm angekündigt, innerhalb von sechs Jahren die Steuerbefreiung für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit aufzuheben. Das würde vor allem Geringverdiener überproportional belasten. Seifert schlägt vor, Geldzuschläge in entsprechenden Freizeitausgleich umzuwandeln. Das würde zwar die Einkommen mindern, gleichzeitig aber auch die gesundheitlichen Belastungen und sozialen Einschränkungen reduzieren. Dies entspreche durchaus den Wünschen vieler zu diesen Zeiten Beschäftigter. Sie möchten weniger häufig nachts oder am Sonntag arbeiten. 

  • Der Trend zur Rund-um-die-Uhr-Gesellschaft ist ungebrochen: Mehr als die Hälfte aller abhängig Beschäftigten erledigt ihre Arbeit inzwischen (auch) am Wochenende, an Feiertagen, abends oder nachts. Wenn die Steuervorteile für Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge abgeschafft würden, wäre etwa jeder vierte Beschäftigte betroffen. Zur Grafik

Hartmut Seifert: Zeit für eine neue Arbeitszeitpolitik, Veröffentlichung in: WSI-Mitteilungen 8/2005

Arbeitszeitpolitischer Modellwechsel - Von der Normalarbeitszeit zu kontrollierter Flexibilität, WSI-Diskussionspapier Nr. 127, August 2004, Das Diskussionspapier zum Download

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