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Mitbestimmte Algorithmen Böckler Impuls

Digitalisierung: Mitbestimmte Algorithmen

Ausgabe 11/2023

Damit Unternehmen die Chancen von algorithmischem Management nutzen können, ohne dass die Interessen der Beschäftigten ins Hintertreffen geraten, braucht es von Anfang an Mitsprache auf Augenhöhe.

Während digitale Technologien immer komplexere Aufgaben übernehmen, haben Politik und Betriebe teilweise Mühe, mit der rasanten Entwicklung Schritt zu halten. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemeinsam mit der IG Metall die Arbeitsgruppe „Algorithmisches Management in der Arbeitswelt“ ins Leben gerufen. Sie ist mit Expertinnen und Experten aus Unternehmen, Gewerkschaften, Verbänden, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Behörden besetzt und wird von HSI-Direktorin Johanna Wenckebach geleitet. Die Ergebnisse der gemeinsamen Diskussionen liegen in einem Arbeitspapier vor.

Dass Algorithmen auf breiter Front in der Wirtschaft zum Einsatz kommen werden, halten die Mitglieder der Arbeitsgruppe für unausweichlich. Damit verbunden sei die Aussicht auf mehr Effizienz und Wertschöpfung, Entlastung und Unterstützung für Beschäftigte sowie Linderung des Fachkräftemangels. Zugleich bestehe die Gefahr, dass sich Arbeitsbedingungen durch schrumpfende Handlungsspielräume und Entfremdung, Arbeitsverdichtung, die Abwertung von Tätigkeiten, Überwachung und Kontrolle verschlechtern.

Algorithmen könnten Prozesse des Personalmanagements besser machen. Andererseits werde Diskriminierung durch falsche Programmierung oder verzerrte Trainingsdaten unter Umständen verstärkt. Die systematische Auswertung von Daten sei geeignet, den Arbeitsschutz zu verbessern, drohe zugleich aber auch Persönlichkeitsrechte zu verletzen. Beispielsweise gebe es bereits Systeme, die über Sensoren die Vitalfunktionen von Feuerwehrleuten im Einsatz überwachen und so bei Bedarf ein rechtzeitiges Eingreifen ermöglichen. Die aufgezeichneten Daten könnten aber unabhängig von akuten Gefahren auch Rückschlüsse auf die allgemeine körperliche Fitness erlauben – sehr sensible Daten also.

Das Ziel müsse sein, die Vorteile von algorithmischem Management zu nutzen und gleichzeitig die Risiken einzudämmen, heißt es in dem Arbeitspapier. Dafür brauche es einen dauerhaften Dialog zwischen Politik, Sozialpartnern, Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Die Auswirkungen auf Arbeitsbedingungen sollten regelmäßig evaluiert werden, um bei Problemen gegensteuern zu können – und zwar vorzugsweise durch passgenaue betriebliche und sozialpartnerschaftliche Lösungen. Betriebliche Mitbestimmung mit verbrieften Rechten sei hierfür unerlässlich.

Eine nachhaltige Nutzung der neuen Technologien setze die frühzeitige Einbindung der Beschäftigten voraus, erklären die Fachleute. Management und Belegschaft sollten sich schon vor der Einführung auf gemeinsame Ziele verständigen. Danach brauche es eine „prozesshafte Ausgestaltung“ der Mitbestimmung. Problematisch sei in diesem Zusammenhang, dass internationale Konzerne oft standardisierte Systeme ohne weitere Prüfung – und damit auch ohne Beteiligung der Beschäftigten – in Deutschland einsetzen. Zudem seien viele Betriebsräte bereits jetzt voll ausgelastet und angesichts der Komplexität digitaler Systeme bisweilen überfordert. Der Erwerb des nötigen Know-hows sollte staatlich gefördert werden.

Um die Gefahren des algorithmischen Managements in den Griff zu bekommen, empfiehlt die Arbeitsgruppe, entsprechende Systeme bereits vor der Einführung unter Arbeitsschutzgesichtspunkten zu analysieren und danach fortlaufend zu evaluieren. Bestehende rechtliche Instrumente, die sich dafür eignen, seien die Gefährdungsbeurteilung sowie Risikobeurteilungsmethoden, wie sie auf dem Gebiet der Produktsicherheit üblich sind. Um Diskriminierung vorzubeugen, biete es sich unter anderem an, auf Diversität in Entwicklungsteams zu achten. Zudem könnten konkrete Anforderungen an die verwendeten Daten sowie Informationspflichten und Auskunftsansprüche helfen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz sollte auf selbstständige Tätigkeiten ausgeweitet werden, die beispielsweise in der Plattformarbeit stark verbreitet sind. Nötig sei darüber hinaus ein zeitgemäßes Beschäftigtendatenschutzgesetz.

Johanna Wenckebach u.a.: Daten und Gute Arbeit – Algorithmisches Management im Fokus, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, März 2023

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