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Mehr Mindestlohn, mehr Wachstum Böckler Impuls

Mindestlohn: Mehr Mindestlohn, mehr Wachstum

Ausgabe 13/2021

Eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro täte der gesamten Volkswirtschaft gut.

Eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland auf zwölf Euro pro Stunde brächte unmittelbar rund acht Millionen Beschäftigten eine Verbesserung ihres Lohns, zusätzlich dürfte eine Anhebung auch auf Löhne etwas über zwölf Euro ausstrahlen. Sie würde die deutsche Wirtschaftsleistung langfristig um rund 50 Milliarden Euro im Jahr steigern und die Staatseinnahmen um jährlich 20 Milliarden Euro. Die Beschäftigung würde hingegen langfristig nicht negativ beeinflusst. Das ergibt eine von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie der  Wirtschaftswissenschaftler Tom Krebs und Moritz Drechsel-Grau von der Universität Mannheim.

Wird der Mindestlohn auf zwölf Euro erhöht, steigert das die durchschnittliche gesamtwirtschaftliche Arbeitsproduktivität langfristig um knapp ein Prozent, so die Forscher. Der Grund: Ein höherer Mindestlohn bewirkt eine Verlagerung der Beschäftigung von weniger produktiven Jobs zu solchen mit höherer Produktivität – die sogenannte „Produktivitätspeitsche“. Ein Anstieg der Arbeitsproduktivität war auch nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns 2015 zu beobachten. 

Zu nennenswerten Arbeitsplatzverlusten käme es nach den Berechnungen der Forscher nicht. Es gäbe aber eine Verschiebung: Einem Rückgang bei den Minijobs steht ein ebenso großer Anstieg bei den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Teil- und Vollzeit gegenüber. Vorteil dabei: Sozialversicherungspflichtige Jobs sind deutlich besser abgesichert und stabiler. Etwa durch Kurzarbeit, wie sich gerade in der Coronakrise gezeigt hat.

Was befürchtete Jobverluste infolge eines höheren Mindestlohns betrifft, erinnern die Mannheimer Forscher an die Fehlprognosen von Ökonomen, die bei der Einführung des Mindestlohns Beschäftigungsverluste im sechsstelligen Bereich vorhergesagt hatten – auf der Basis von vereinfachenden neoklassischen Lehrbuchmodellen, die nicht mehr auf der Höhe der Zeit seien. In der modernen Arbeitsmarkttheorie dagegen könne „ein Mindestlohn sehr wohl positive Effekte auf Beschäftigung und Output entfalten“. Dabei würden etwa die wirtschaftlichen Nachteile berücksichtigt, die sich für Unternehmen ergeben, wenn Beschäftigte bei schlechter Bezahlung wenig motiviert arbeiten oder sich einen neuen Job suchen – mit der Folge, dass Stellen oft neu besetzt werden müssen.

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