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HBS Böckler Impuls

Corporate Social Responsibility: Lücken in der Öko- und Sozialbilanz

Ausgabe 03/2007

Für Unternehmen gehören Nachhaltigkeitsberichte zum guten Ton. Das eröffnet Anlegern wie Öffentlichkeit Einblicke in den Umgang mit Umwelt und Mitarbeitern. Der Informationsgehalt lässt jedoch oft zu wünschen übrig.

Komprimierte Information über Ressourcenverbrauch und soziales Engagement oder Werbebroschüre in politisch korrektem Gewand? Das Beratungsunternehmen wmp consult hat im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung die Qualität von Nachhaltigkeitsberichten untersucht. Das Beraterteam hat dazu die Reports von 25 in Deutschland tätigen Großunternehmen von Allianz bis Volkswagen unter die Lupe genommen. Nachhaltigkeitsberichte seien, so die Experten, "ein Schritt zu mehr Transparenz und Information über die ökologischen und sozialen Folgen des Wirtschaftens". Allerdings ließen sie keinen "systematischen Schluss" zu, inwieweit Unternehmen ihre Möglichkeiten ausschöpfen, Belastungen für Umwelt, Mitarbeiter und Gesellschaft zu vermeiden.

Vor allem in großen kapitalmarktorientierten Unternehmen sind Nachhaltigkeitsberichte inzwischen fester Bestandteil der Unternehmenskommunikation. Es besteht jedoch keine gesetzliche Verpflichtung, Öko- und Sozialberichte zu erstellen. Existierende, beispielsweise von Nichtregierungsorganisationen entwickelte Standards wie der Leitfaden der Global Reporting Initiative (GRI) sind nicht bindend und werden selten durchgängig angewandt. "Was ein berichtenswerter Beitrag zur Nachhaltigkeit ist und was nicht, entscheiden die Unternehmen selbst", stellt die wmp-Studie fest.

Als "Mittel der Öffentlichkeitsarbeit" seien die Berichte klar interessengeleitet, schreiben die Autoren. Sie dienen der Imageverbesserung, aber auch konkreten ökonomischen Zielen. So streben börsennotierte Unternehmen die Aufnahme in Nachhaltigkeitsindizes wie den Dow Jones Sustainability Index (DJSI) an. Denn immer mehr Pensionsfonds haben sich verpflichtet, beim Aktienkauf darauf zu achten, ob Unternehmen in diesem oder ähnlichen Indizes gelistet sind. Großinvestoren, die Mindestanforderungen an nachhaltige Unternehmenspolitik stellen, sind beispielsweise der norwegische staatliche Pensionsfonds und Calpers, die Alterskasse der öffentlich Bediensteten in Kalifornien.
Was genau unter "Nachhaltigkeit" zu verstehen ist, wird in den Berichten nicht immer exakt definiert. Lediglich, dass es sich um die "drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales" drehe, geht aus den Publikationen hervor. Zudem werde, so die Studie, Nachhaltigkeit als relativer Begriff betrachtet - "im Rahmen der wirtschaftlichen Aktivitäten und Marktbedingungen". Zum Beispiel sei eine "Umwelt verbrauchende" Produktion wie Ölförderung oder Automobilbau "nicht per se negativ", sondern könne "mehr oder weniger nachhaltig organisiert werden".

Nachhaltigkeitsberichte behandeln bei unterschiedlichen Schwerpunkten fünf Themenkreise: Umweltschutz, Arbeits- und Gesundheitsschutz, personelle Angelegenheiten, globale Arbeits- und Sozialstandards, bürgerschaftliches Engagement ("Corporate Citizenship").

Problematisch dabei: Dem Leser fehlt häufig die Möglichkeit, die erhaltenen Informationen sinnvoll einzuordnen. Beispielsweise veröffentlichen DaimlerChrysler und Volkswagen ökologische Kennzahlen, die Energieverbrauch und Schadstoffemissionen eines Jahres widerspiegeln. BMW hingegen gibt die Werte je hergestelltem Fahrzeug an. Trotz vieler Kennzahlen und Einzelbeispiele sind keine umfassenden Vergleiche zwischen verschiedenen Unternehmen möglich, bemängelt die Studie.

Oft bleibt die Aussagekraft von Kennzahlen auch deshalb begrenzt, weil keine Referenzgrößen mitgeliefert werden. So publiziert die WestLB Daten zu Weiterbildung, Arbeits- und Urlaubszeiten ihrer Mitarbeiter, macht jedoch keine Angaben über Entwicklungstrends oder Durchschnittswerte der Branche, die als Vergleichsmaßstab dienen könnten.

Das vermittelte Bild ist oft unvollständig. Der Handelskonzern Otto, DaimlerChrysler oder VW weisen zwar den Anteil weiblicher Mitarbeiter aus. Weitere Differenzierungen unterbleiben jedoch: Wie viele Frauen in Führungspositionen tätig sind, ist den Berichten nicht zu entnehmen.

Ziele werden nicht konkretisiert. Zum Beispiel heißt es bei BMW eher vage: "Kurz- und mittelfristiges Ziel ist die weitere Senkung des Flottenverbrauchs." Negative Trends wie sinkende Ausbildungsquoten, niedrige Frauenanteile in Führungspositionen, rückläufige Ausgaben für Weiterbildung werden zudem vielfach konstatiert, ohne dass eine Trendumkehr als Ziel formuliert würde. Die wmp-Experten stellen fest: "Die Tendenz zu Eigenlob überwiegt deutlich gegenüber kritischer Analyse möglicher eigener Defizite.

  • Fast drei Viertel der Großunternehmen berichten über ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit. Zur Grafik

Judith Beile u.a.: Nachhaltigkeitsberichte im Vergleich - Auswertung und Analyse von Zielsetzungen, Aufbau, Inhalten und Indikatoren in 25 Nachhaltigkeitsberichten, Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung, November 2006.

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