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HBS Böckler Impuls

Öffentlicher Dienst: Leistungsanreize - ernüchternde Bilanz

Ausgabe 02/2005

Versuche, mehr Leistungsanreize im öffentlichen Dienst einzuführen, gibt es schon seit Jahren. Doch die Erfahrungen in der Praxis sind ernüchternd.

Die entsprechenden tariflichen und gesetzlichen Regelungen gibt es für Angestellte, Arbeiter und Beamte seit Jahren, umgesetzt werden sie bisher nur zögerlich - vor allem wegen leerer Kassen. Eine Studie im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung sucht nach Ursachen und analysiert die vorhandenen Regelungen.

Wenn die Bezahlung nach Leistung angeboten wurde, mochten sich zuweilen nur wenige aus der Belegschaft beteiligen. Der Grund: Viele Beschäftigte verzichteten auf freiwillige Zielvereinbarungen, weil sie keine Spielräume für Leistungssteigerungen sahen oder keine geeigneten Zielkriterien fanden. Die Analyse der bisherigen Leistungsmodelle zeigt:

Faktor Finanzierung
Leistungsvergütungen zusätzlich zum Grundentgelt sind inzwischen nicht mehr selbstverständlich. Stattdessen werden etwa bisher fixe Gehaltsbestandteile wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld in leistungsabhängige umgewandelt. Freiwerdende Stellen werden nicht besetzt oder Beförderungen zeitlich gestreckt. Eine solche Finanzierung von Leistungszulagen aus Personalkosten wertet die Studie kritisch: Nichtbesetzte Stellen bedeuten Leistungsverdichtung für die übrigen Beschäftigten. Umwidmungen bergen die Gefahr von Einkommensverlusten auch bei mehr Leistung.

Besonders die Kommunen greifen auch zur Selbstfinanzierung aus der gestiegenen Leistung. Dieses Modell schätzen die Forscherinnen positiver ein: Es erhält bisherige Einkommensbestandteile und bietet zusätzlich Anreize, nach Qualitätsverbesserungen zu suchen. Kommunen wie Beschäftigte können gewinnen - auch in der Haushaltskrise.

Gleichbehandlung
Schlechte Noten hinsichtlich Transparenz und Gleichbehandlung von Männern und Frauen attestiert die Studie insbesondere den Beurteilungsregelungen für Beamte. Viele Beschäftigte von Behörden fühlen sich unzureichend über die Leistungskriterien informiert und fürchten, dass persönliche Sympathie und Willkür bei der Bewertung eine Rolle spielen.

Auch in Kriterien wie "Durchsetzungsfähigkeit" oder "Belastbarkeit" können Beurteilungsverzerrungen zum Nachteil von Frauen versteckt sein. Oder es werden ganze Bereiche ausgenommen, in denen überwiegend Frauen arbeiten. Beispiel: Teilzeit- oder befristet Beschäftigte.

Wie Leistung messen?
Klarheit bringen Modelle, die nachweisbare Ergebnisse honorieren. Beispiel: Die Tarifverträge der Städte Gütersloh oder Saarbrücken. Sie zeigen transparent, wie viel Kosten ein Team der Stadtreinigung durch getrennte Altholzsammlung erwirtschaftet hat oder wie stark die Wartezeit für Bürgerinnen und Bürger verkürzt wurde.
Die Studie rät, Leistungsmodelle überschaubar zu halten und verständlich zu formulieren. Ein Katalog mit mehr als 40 Beurteilungskriterien verwirrt eher.

Zielvereinbarungen schneiden besser ab als Beurteilungen durch Vorgesetzte: Die gemeinsam ausgemachten Ziele unterstützen Kooperation und Kommunikation. Regelmäßiges Feedback macht Leistung nachvollziehbar. Beurteilungen wie im Beamtenrecht betonen hingegen Hierarchien und bewerten Leistungen nur rückblickend.

Wenn viel leisten wenig bringt
Die Einflusschancen der Beschäftigten auf ihre Leistungsergebnisse sinken, wenn die Kriterien an Umsatz oder Einnahmen gekoppelt sind. Äußere Einflüsse wie Konjunktur, Arbeitsmarkt- oder Wettbewerbsentwicklungen wirken auf das Gesamtergebnis. Die Honorierung des persönlichen Engagements wird unsicher. Leistung bekommt etwas Zufälliges, Schicksalhaftes und Willkürliches. Beispiel: Tarifregelungen von Krankenkassen, die die Neugewinnung oder das Halten von Mitgliedern honorieren.

Beschäftigte mitnehmen
Mängel sieht die Studie bei der Einführung von Leistungsvergütungen. Für einen Erfolg braucht es die Akzeptanz der Beschäftigten, sonst drohen die Neuerungen missachtet oder  umgangen zu werden. Nur selten wurden Einführung und Anwendung sorgfältig geplant, Führungskräfte qualifiziert und Mitarbeiter durch Gespräche motiviert.

Modernisierung oder Sparzwang?
Leistungsanreize können die Modernisierung von Verwaltungen und Betrieben fördern - wenn sie auch Arbeitsqualität, Service oder bessere Prozesse belohnen. Die Analyse zeigt aber: Der Trend geht zu ökonomischen Erfolgszielen. Arbeitgeber schließen leistungsbezogene Tarifverträge zunehmend deshalb ab, weil sie sich Kosteneinsparungen erhoffen.

  • Versuche, mehr Leistungsanreize im öffentlichen Dienst einzuführen, gibt es schon seit Jahren. Doch die Erfahrungen in der Praxis sind ernüchternd. Zur Grafik

"Monetäre Leistungsanreize im öffentlichen Sektor" von Karin Tondorf, Andrea Jochmann-Döll
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Beitrag auch in: WSI-Mitteilungen 8/2004

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