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Konjunktur auf der Kippe Böckler Impuls

Prognose: Konjunktur auf der Kippe

Ausgabe 06/2022

Der Ukraine-Krieg ist eine schwere Hypothek für das Wachstum. Der Arbeitsmarkt dürfte stabil bleiben.

Schon vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine hatten viele Unternehmen unter anderem mit Lieferengpässen infolge der Corona-Pandemie zu kämpfen. Nun drohen zusätzliche Belastungen durch Sanktionen, steigende Energiepreise und enorme Unsicherheit. Daher könnte es in diesem Jahr sogar zu einer leichten Rezession kommen. Das geht aus der aktuellen Konjunkturprognose des IMK hervor. 

Wegen der „außergewöhnlich hohen Unsicherheit“, die der Krieg und die Reaktionen des Westens mit sich bringen, hat das IMK zwei Szenarien mit unterschiedlichen Annahmen zur Entwicklung der Energiepreise sowie der unternehmerischen Risikoprämien durchgerechnet. Das weniger dramatische Szenario, mit Öl- und Gaspreissteigerungen von durchschnittlich 50 beziehungsweise knapp 150 Prozent, betrachten die Forschenden angesichts zuletzt leichter Preisberuhigungen als das realistischere. Es würde in diesem Jahr auf eine Inflationsrate von 6,2 Prozent und ein Wirtschaftswachstum von 2,1 Prozent hinauslaufen. Die Erwerbstätigkeit würde um 1,1 Prozent zulegen, die Arbeitslosenquote von 5,7 Prozent im Jahr 2021 auf 4,9 Prozent sinken. Im pessimistischen Szenario, in dem Öl etwa doppelt und Gas dreimal so teuer ist wie im Vorjahr, würde die Inflation 2022 auf 8,2 Prozent emporschnellen, das Bruttoinlandsprodukt um 0,3 Prozent zurückgehen. Die Zahl der Erwerbstätigen dürfte unter diesen Umständen um 0,4 Prozent zunehmen, die Arbeitslosenquote 5,7 Prozent betragen. 

Wirtschaftspolitische Reaktionen auf den Preisschock bei Öl und Gas halten die IMK-Ökonominnen und -Ökonomen für geboten. Neben Transferzahlungen für besonders betroffene Haushalte, Haushalte mit geringen Einkommen und Familien – wie in den beiden Entlastungspaketen der Bundesregierung enthalten – empfehlen sie einen Preisdeckel für einen Grundverbrauch beim Erdgas. Nach dem nun beschlossenen Rabatt für Kraftstoffe regen sie an, für die Zukunft bei Niedrigpreisen von Benzin und Diesel zum Ausgleich Zusatzabgaben zu erheben. Damit könnte ein Einstieg geschaffen werden, Energiepreise künftig über den Konjunkturzyklus stärker zu stabilisieren. Darüber hinaus könnten aus Sicht des IMK mehrere der jüngst von der Internationalen Energieagentur vorgeschlagenen Maßnahmen wie ein autofreier Sonntag oder die verstärkte Nutzung von Homeoffice kurzfristig umgesetzt werden.

Sebastian Dullien, Alexander Herzog-Stein, Peter Hohlfeld, Katja Rietzler, Sabine Stephan, Silke Tober, Sebastian Watzka: Ukraine-Krieg erschwert Erholung nach Pandemie, IMK-Report Nr. 174, März 2022

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