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Systemrelevant Folge 184 Service aktuell

Systemrelevant Podcast: Schaffen wir es aus dem Krisenmodus?

Zwischen Herausforderungen und Hoffnungen für das kommende Jahr – Sebastian Dullien (IMK) wirft in der Frühjahrsprognose Licht auf die aktuelle Lage und die zu erwartenden Entwicklungen in der deutschen Wirtschaft.

 

Trotz der Neuberechnung bestätigt die IMK-Prognose, dass die Wirtschaft im Jahr 2024 um 0,3% schrumpfte. Diese Entwicklung wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst, darunter die anhaltenden Auswirkungen der COVID-Pandemie, die Energiepreiskrise und die Entscheidung der Bundesregierung zur Einhaltung der Schuldenbremse. Für 2025 prognostiziert das IMK erstmals ein leichtes Wachstum von 0,8%. Allerdings liegt dieses Wachstum weit unter dem Niveau vor der Pandemie.

„Wir haben jetzt zwei Jahre 0,3 % Schrumpfung und dann 0,8 % Wachstum im nächsten Jahr. Das ist ja kein Katastrophenszenario.“

Sebastian Dullien

Ein Lichtblick ist der private Konsum, der sich trotz schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen langsam zu erholen scheint. Steigende Löhne und eine rückläufige Inflation tragen dazu bei, dass die Verbraucher wieder mehr Geld ausgeben, was den privaten Konsum ankurbelt und somit einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Wirtschaft leistet.

Eine zentrale Frage für die wirtschaftliche Erholung ist die Rolle der Geld- und Finanzpolitik. Die Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) über Zinssenkungen könnte einen erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Dynamik haben. Trotz früherer Erwartungen betrachtet Sebastian Dullien eine mögliche Zinssenkung bereits ab April 2024 als realistisch. Doch während eine lockere Geldpolitik kurzfristig positive Impulse bieten könnte, bleibt die Finanzpolitik eine Herausforderung. Die Entscheidung, die Schuldenbremse einzuhalten, erweist sich zunehmend als Bremsklotz für das Wachstum. "Die Schuldenbremse wird jetzt zur Wachstumsbremse", betont der IMK-Direktor.

Die Exporte, insbesondere nach China und in die USA, bleiben ein wichtiger Faktor für die deutsche Wirtschaft. Trotz einer gewissen Erholung der Ausrüstungsinvestitionen in China bleibt die Prognose für das Exportwachstum gedämpft. Internationale Trends wie das Streben nach lokaler Produktion und protektionistische Maßnahmen wirken sich auf den deutschen Export aus und erfordern eine Neuausrichtung der Strategien.

Während positive Signale im Privatkonsum und mögliche Impulse aus dem Außenhandel Hoffnung bieten, bleiben strukturelle Probleme wie die Schuldenbremse und die Unsicherheit über die Geldpolitik bestehen. Eine erfolgreiche Bewältigung dieser Herausforderungen erfordert nicht nur politische Maßnahmen, sondern auch eine flexible Anpassung an die sich verändernde globale Dynamik.

Dr. Irene Becker hat in ihrer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie ein angemessen hohes soziokulturelles Existenzminimum berechnet und festgestellt, dass das Niveau der Kindergrundsicherung je nach Alter der Kinder um 6 bis 30 Prozent höher sein müsste als nach der gesetzlichen Bedarfsermittlung.

Beckers Reformvorschlag sieht vor, die Konsumausgaben der gesellschaftlichen Mitte als Bezugspunkt zu nehmen. So wäre es nach Analyse der Armutsexpertin etwa plausibel, soziokulturelle Teilhabe als gerade noch gegeben zu definieren, wenn Haushalte bei den Ausgaben für Grundbedürfnisse wie Ernährung, Bekleidung und Wohnen nicht mehr als 25 Prozent und bei sonstigen Bedürfnissen nicht mehr als 40 Prozent von der Mitte nach unten abweichen. Damit lebt die Referenzgruppe zwar deutlich unter der gesellschaftlichen Mitte, hätte aber noch mehr Teilhabemöglichkeiten als bei der bisherigen Berechnung, die den Kindern und damit letztlich der gesamten Gesellschaft schadet.

Moderation: Marco Herack

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In Systemrelevant analysieren führende Wissenschaftler:innen der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit Moderator Marco Herack, was Politik und Wirtschaft bewegt: makroökonomische Zusammenhänge, ökologische und soziale Herausforderungen und die Bedingungen einer gerechten und mitbestimmten Arbeitswelt – klar verständlich und immer am Puls der politischen Debatten.

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