zurück
HBS Böckler Impuls

Beschäftigung: Immer weniger zu tun

Ausgabe 05/2006

Die Beschäftigungsstruktur in Deutschland hat sich seit Beginn der 90er-Jahre dramatisch verändert: 20 Prozent weniger Menschen sind in Vollzeit beschäftigt, Teilzeitarbeit wächst rasant - besonders bei Frauen. Insgesamt geht das Arbeitsvolumen zurück. Das zeigt die Arbeitszeitrechnung des IAB.

Der erste Eindruck trügt. Die Zahl der abhängig Beschäftigten in Deutschland hat sich seit der Deutschen Einheit kaum verändert. Sie pendelt um die 34-Millionen-Marke. Trotzdem ist der Arbeitsmarkt gewaltig in Bewegung:
 
=> 2004 waren in Deutschland knapp 24 Millionen Personen vollzeitbeschäftigt - 20 Prozent weniger als 1991. In Ostdeutschland brach die Vollzeitbeschäftigung regelrecht ein: Hier fielen 38 Prozent der Fulltimejobs weg. Im Westen gingen 14 Prozent verloren.
 
=> Spiegelbildlich nahm die Teilzeitbeschäftigung zu - um 100 Prozent. Statt 5,5 Millionen (1991) arbeiteten 2004 fast 11 Millionen Personen mit reduzierter Stundenzahl. Mehr als die Hälfte aller Teilzeitbeschäftigten arbeitet ausschließlich in Minijobs.

=> Das Arbeitsvolumen der abhängig Beschäftigten ging zwischen 1991 und 2004 in Westdeutschland um knapp fünf Prozent, in Ostdeutschland um ein Viertel zurück. Insgesamt sank die Zahl der von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern jährlich geleisteten Arbeitsstunden von etwa 52 Millionen auf 47 Millionen Stunden.
 
=> Beinahe die Hälfte der abhängig Beschäftigten sind heute Frauen: Ihr Anteil lag 2004 bei fast 49 Prozent, knapp 5 Prozentpunkte höher als 1991. Männer büßten 1,9 Millionen Arbeitsplätze ein, das entspricht etwa 10 Prozent der 1991 von Männern besetzten Stellen.

Frauen sind zwar immer öfter berufstätig, aber nur jede zweite von ihnen arbeitete in Vollzeit. Frauen hatten 2004 drei Viertel aller Teilzeitstellen inne, aber nur knapp 37 Prozent aller Vollzeitarbeitsplätze. In allen Altersgruppen ist der Anteil der Frauen am Arbeitsvolumen wesentlich geringer als an der Beschäftigtenzahl. Diese "Arbeitszeit-Lücke" wächst insbesonders in der Familienphase im Alter von 35 bis 55 Jahren - und beruht längst nicht immer auf Freiwilligkeit, so das IAB. Zeit für die Familie werde mit Nachteilen beim Einkommen, der Karriere und der sozialen Sicherheit erkauft, bestätigt das IAB Analysen des WSI-FrauenDatenReports: "Teilzeitarbeit entspricht momentan zwar häufig den Wünschen von Frauen. Dies aber oft nur, weil sie wegen ungünstiger Rahmenbedingungen keine bessere Alternative haben, berufliche und familiäre Interessen unter einen Hut zu bringen." Gerade während dieses Lebensabschnitts dominiert bei Männern dagegen die Vollzeitbeschäftigung.

Insgesamt arbeiten nur 15 Prozent der Männer mit reduzierter Stundenzahl. Teilzeitstellen haben Männer insbesondere zu Beginn und zum Ende ihres Arbeitslebens: Einstiegspositionen beziehungsweise Altersteilzeit. Besonders häufig in der Gruppe der teilzeitbeschäftigten Männer sind außerdem Minijobber, während bei Frauen die reguläre sozialversicherungspflichtige Teilzeitarbeit knapp überwiegt.

Die Verwerfungen in der Beschäftigungsstruktur betreffen jedoch nicht nur abhängig Beschäftigte: Seit 1991 ist die Zahl der Selbstständigen - inklusive mithelfender Familienangehöriger - um knapp 20 Prozent auf 4,2 Millionen gestiegen. Dahinter verbergen sich verschiedene Phänomene, vor allem: ein Aufholprozess in Ostdeutschland, die Förderung von Existenzgründungen durch Instrumente wie die Ich-AG - 2004 bereits sechs Prozent aller Selbstständigen - und Neugründungen im Handwerk, nachdem der Meisterzwang für einige Berufe entfallen ist.

  • Das gesamte Arbeitsvolumen hat über die 1990er-Jahre abgenommen, der oder die einzelne Beschäftigte arbeitet jedoch mehr. Zur Grafik
  • Berufstätige Männer sind fast immer in Vollzeit beschäftigt. Zur Grafik

Susanne Wanger: Erwerbstätigkeit, Arbeitszeit und Arbeitsvolumen nach Geschlecht und Altersgruppen, Forschungsbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), 2/2006.

Impuls-Beitrag als PDF

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen