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HBS Böckler Impuls

Flexicurity: Flexibel arbeiten - aber nur mit Netz

Ausgabe 07/2005

Wer eine befristete Stelle oder einen Teilzeitjob hat, macht sich mehr Sorgen: über Arbeitslosigkeit, Krankheit und seinen Lebensstandard im Alter. Flexible Beschäftigungsverhältnisse akzeptieren nur jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren soziale Absicherung gewährleistet ist.

Das Vertrauen der Beschäftigten in die soziale Absicherung schwindet - ganz allgemein, vor allem aber bei den flexibel Beschäftigten. Das ist eine der wichtigsten Botschaften einer repräsentativen Umfrage der Universität Göttingen. Befragt wurden 2.000 Haushalte mit 18- bis 65-jährigen Erwerbsfähigen, die entweder flexibel beschäftigt sind oder für eine solche Beschäftigung in Frage kommen. Außen vor blieben Beamte auf Lebenszeit und dauerhaft Selbstständige.

Nicht einmal jeder zweite der Befragten glaubt, auch in Zukunft noch gegen Arbeitslosigkeit abgesichert zu sein. Von den bereits jetzt flexibel Beschäftigten ist sogar nur gut ein Drittel dieser Ansicht. Im Krankheitsfall fürchten knapp 34 Prozent künftig Versorgungslücken, unter den Befragten mit Flexi-Jobs aber knapp 46 Prozent. Ähnlich ist das Bild bei der Absicherung im Alter. Die Bewertung der einzelnen Beschäftigungsformen ist allerdings sehr unterschiedlich.

Teilzeit:
Gegen Teilzeitarbeit haben nur knapp 14 Prozent der Befragten grundsätzliche Vorbehalte - darunter, wenig überraschend, doppelt so viele Männer wie Frauen. Abschreckend wirken vor allem die Einkommenseinbußen. Fast 80 Prozent der Männer und 66 Prozent der Frauen erwarten, sich bei Teilzeitarbeit finanziell einschränken zu müssen - oder sie kennen dies bereits aus eigener Erfahrung. Würden die Einkommenseinbußen zumindest teilweise ausgeglichen - beispielsweise durch Lohnzuschüsse oder eine Aufstockung der Altersrente - lehnten nur noch deutlich weniger als 10 Prozent der Befragten Teilzeitarbeit ab.

Befristete Beschäftigung: Erheblich schlechter schneidet die befristete Beschäftigung ab. Über 44 Prozent bewerten einen Arbeitsvertrag auf Zeit als "eher negativ oder sehr negativ". Der größte Makel der Befristung ist, dass "die langfristige Lebensplanung erschwert" werde - knapp 72 Prozent stimmen dieser Aussage zu. Sorgen über eine zu geringe Rente oder schlechtere Karrierechancen machen sich demgegenüber rund 54 Prozent. Unter bestimmten Bedingungen wird eine Befristung jedoch akzeptiert: Ist die befristete Stelle mit einem Weiterbildungsangebot verknüpft, sinkt die Ablehnungsquote von 44,2 auf 8,2 Prozent.

Zeitarbeit: Das schlechteste Image aller flexiblen Beschäftigungsformen hat die Zeitarbeit. Fast jeder zweite Befragte bewertet sie negativ oder sehr negativ. Rund 70 Prozent verbinden Zeitarbeit mit finanziellen Einschränkungen bei einer schlechteren Planbarkeit. Nahezu 80 Prozent fürchten, dass ihnen unattraktive Arbeiten zugewiesen werden könnten. Bekommen Zeitarbeiterinnen und -arbeiter hingegen den gleichen Lohn wie Festangestellte, sinkt die Ablehnungsquote von gut 49 auf knapp 17 Prozent.
 
Flexible Beschäftigungsverhältnisse werden akzeptiert, wenn die soziale Absicherung gewährleistet ist, so die Studie. Vor dem Hintergrund des geringen Vertrauens der Befragten in die Sozialversicherung erscheine dies "etwas paradox", geben die Autoren zu bedenken. Denn wer staatliche Absicherung für flexibel Beschäftigte fordere, gehe davon aus, dass der Sozialstaat funktioniert.

  • Wer eine befristete Stelle oder einen Teilzeitjob hat, macht sich mehr Sorgen: über Arbeitslosigkeit, Krankheit und seinen Lebensstandard im Alter. Flexible Beschäftigungsverhältnisse akzeptieren nur jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren soziale Absicherung gewährleistet ist. Zur Grafik
  • Wer eine befristete Stelle oder einen Teilzeitjob hat, macht sich mehr Sorgen: über Arbeitslosigkeit, Krankheit und seinen Lebensstandard im Alter. Flexible Beschäftigungsverhältnisse akzeptieren nur jene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren soziale Absicherung gewährleistet ist. Zur Grafik

Prof. Ilona Ostner, Prof. Steffen Kühnel, Michael Ebert: Flexibilisierung und soziale Sicherheit, Studie der Georg-August-Universität Göttingen im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung, Abschlussbericht im Sommer 2005

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