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HBS Böckler Impuls

Einkommensverteilung: Eine Frage der Macht

Ausgabe 13/2009

Warum hat sich in jüngerer Zeit die Kluft zwischen Arm und Reich in vielen Industrienationen wieder vergrößert?

Nobelpreisträger Paul Krugman hat für die USA den politischen Wandel als bedeutende Ursache identifiziert. Andere Ökonomen bemühen zur Erklärung Marktkräfte wie den technischen Fortschritt oder die Globalisierung. Auch Krugman glaubte bis Mitte der 1990er Jahre daran. Seitdem hat er die Entwicklung der Einkommensverteilung eingehend untersucht - und sein Urteil grundlegend revidiert. Seine These der politisch motivierten Umverteilung von unten nach oben untermauert er so:

  1. Die Mittelklasse der Nachkriegszeit entstand nicht graduell. Die Regierung Roosevelt schuf sie innerhalb kurzer Zeit, insbesondere mit der Lohnkontrolle während des Krieges. Die recht egalitäre Einkommensverteilung überdauerte 30 Jahre, obwohl die Regeln nicht mehr galten. Die Marktkräfte veränderten also nichts.
  2. Die Wirtschaftspolitik der Regierung Reagan ließ die Ungleichheit wieder wachsen. Sie schwächte den Sozialstaat und die Gewerkschaften. Die Steuerpolitik änderte sich zum Wohle der Besserverdienenden. Das wirkt bis heute.
  3. Technologischer Wandel reicht zur Erklärung der wachsenden Ungleichheit nicht aus. Die hoch qualifizierten Arbeitnehmer gehören nicht zu den Gewinnern der vergangenen drei Jahrzehnte: Ihre Einkommen wuchsen nur moderat. Die großen Gewinner finden sich lediglich im obersten einen Prozent der Einkommenspyramide.
  4. Technischer Fortschritt und Globalisierung sollten in allen Industrienationen ähnlich wirken. In den USA war die Zunahme der Einkommensungleichheit seit den 1980ern aber weitaus stärker als in anderen Ländern.

Paul Krugman: Nach Bush - Das Ende der Neokonservativen und die Stunde der Demokraten, Campus Verlag, Frankfurt am Main 2008

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