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Corona-Ersparnisse als Konjunkturspritze Böckler Impuls

Konsum: Corona-Ersparnisse als Konjunkturspritze

Ausgabe 06/2022

Viele Haushalte haben in den vergangenen zwei Jahren zusätzliche Ersparnisse gebildet. Das könnte den Konsum im Energiepreisschock zumindest ein wenig stabilisieren.

Die privaten Haushalte in Deutschland haben laut einer Studie des IMK in den Jahren 2020 und 2021 rund 194 Milliarden Euro zusätzlich gespart, weil durch die Corona-Pandemie Einkaufs-, Freizeit- und Reisemöglichkeiten eingeschränkt waren. Etwas mehr als die Hälfte der zusätzlichen Rücklagen, rund 106 Milliarden Euro, entfallen auf die breite Masse der Haushalte. Davon dürften in den kommenden zwölf Monaten etwa 40 Milliarden Euro in den Konsum fließen und die Konjunktur stützen. Allerdings konzentrieren sich die zusätzlichen Ersparnisse bei einer Minderheit der privaten Haushalte. Deshalb sind auch weitere politische Initiativen notwendig, um die Zusatzbelastung durch drastisch erhöhte Energiepreise zu mildern. In ihrer Untersuchung führen die IMK-Forscher Jan Behringer und Sebastian Dullien Daten des Statistischen Bundesamts zusammen mit Ergebnissen einer repräsentativen Online-Befragung im Auftrag des IMK vom Herbst 2021.

Behringer und Dullien nehmen die breite Masse der Privathaushalte unter die Lupe, weil bei ihnen am ehesten mit zusätzlichen Konsumausgaben zu rechnen ist und detaillierte Daten vorliegen. Ausgeklammert sind in diesen Daten unter anderem Haushalte mit monatlichen Nettoeinkommen von mehr als 18 000 Euro. Daher schrumpft die Summe der zusätzlichen Corona-Ersparnisse, über die die beiden Wissenschaftler genauere Aussagen machen können, von 194 auf 106 Milliarden Euro. Diese Summe sei eher die Untergrenze des für zusätzlichen Konsum verfügbaren Finanzvolumens, erklären die Wissenschaftler.

Die 106 Milliarden entsprechen durchschnittlich 2799 Euro Zusatzersparnis pro Haushalt. Allerdings sind die Sonderrücklagen ziemlich ungleich verteilt: Lediglich eine Minderheit von 22 Prozent aller Haushalte hat laut IMK-Befragung in Coronazeiten am Monatsende mehr Geld zur Verfügung gehabt als vorher. Knapp 25 Prozent hatten dagegen weniger übrig.

Dabei steigt der Anteil mit zusätzlichen Rücklagen mit dem Einkommen und reicht laut den Befragungsergebnissen des IMK von weniger als 15 Prozent in Haushalten mit Nettoeinkommen unter 1500 Euro monatlich bis zu gut 40 Prozent bei Haushalten, die 5000 Euro und mehr zur Verfügung haben. Bis zu einem monatlichen Haushaltsnetto von 2500 Euro war die Zahl der Befragten, die während der Corona-Pandemie weniger Geld als in den Vorjahren gespart haben, deutlich größer als die Zahl derjenigen mit zusätzlichen Rücklagen. Laut den Daten des Statistischen Bundesamts verzeichneten auch Haushalte in der Mitte der Einkommensverteilung hohe durchschnittliche Ersparnisse. In den drei niedrigeren Einkommensgruppen wurde allerdings weitaus weniger auf die hohe Kante gelegt als in den drei höheren. Haushalte mit einem Einkommen unter 1300 Euro hatten am Ende des Monats im Schnitt weniger Geld übrig als in Vor-Pandemie-Zeiten.

Die finanziellen Möglichkeiten für zusätzlichen Konsum unterscheiden sich somit deutlich. Dagegen fällt die in der IMK-Umfrage geäußerte Bereitschaft zum Geldausgeben recht ähnlich aus: Durchschnittlich wollen die Befragten mit Extra-Ersparnissen rund ein Drittel davon innerhalb der nächsten zwölf Monate ausgeben, mit relativ geringen Unterschieden zwischen den Einkommensklassen.

Würden die privaten Haushalte ihre Ausgabenpläne tatsächlich umsetzen, ergäbe sich ein gesamtwirtschaftlich „durchaus relevanter Impuls“ von 40 Milliarden Euro, schreiben Behringer und Dullien. Angesichts stark anziehender Preise für Energieimporte könnten die Corona-Ersparnisse einen teuerungsbedingten Einbruch beim Konsum „zumindest teilweise abfedern“. Allerdings dürften die Durchschnittsdaten nicht davon ablenken, dass explodierende Preise für Gas, Öl oder Strom insbesondere Haushalte mit niedrigeren Einkommen schwer in die Bredouille bringen können. Die zusätzlichen Ersparnisse  sollten deshalb kein Argument gegen weitere fiskalpolitische Maßnahmen sein, die die Zusatzbelastung aus den höheren Energiepreisen abfedern und damit den Konsum stützen könnten.

Jan Behringer, Sebastian Dullien: Corona-Ersparnisse deutscher Haushalte stützen Konsum im Energiepreisschock, IMK Policy Brief Nr. 119, März 2022

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