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HBS Böckler Impuls

Gesundheit: Beschäftigte im Dauerstress

Ausgabe 06/2009

In vier von fünf Betrieben arbeiten Beschäftigte dauerhaft unter hohem Druck. Psychische Belastungen haben in den vergangenen drei Jahren zugenommen, sagen Betriebsräte. Die Wirtschafts­krise dürfte die Situation noch verschärfen.

Knappe Zeit, hoher Druck - für immer mehr Arbeitnehmer ist Stress ein Dauerzustand. In 84 Prozent der deutschen Betriebe gibt es Mitarbeiter, die ständig unter hohem Zeit- und Leistungsdruck arbeiten. Betroffen sind in diesen Unternehmen nicht nur einzelne Beschäftigte mit speziellen Aufgaben, sondern mit durchschnittlich 43 Prozent große Teile der Belegschaft. Das zeigen erste Auswertungen der aktuellen WSI-Betriebsrätebefragung. Zwischen September 2008 und Januar 2009 wurden 1.700 Arbeitnehmervertreter aus Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten befragt.

Die psychischen Belastungen haben in den vergangenen drei Jahren zugenommen, sagten 79 Prozent der befragten Betriebsräte. Besonders stark unter Druck stehen demnach Beschäftigte in Dienstleistungsberufen sowie in den Branchen Verkehr, Nachrichten und Telekommunikation. Dort ist etwa jeder Zweite betroffen. "Durch neue Organisationsformen in den Unternehmen steuern zunehmend Kundenvorgaben und ­Ergebnisorientierung den Arbeitsrhythmus. Und das mit immer weniger Personal", sagt WSI-Gesundheitsexpertin Elke Ahlers.

Mehr Eigenverantwortlichkeit kann ebenfalls zum Belastungsfaktor werden. So gaben 58 Prozent der befragten Betriebsräte an, dass Mitarbeiter regelmäßig mit Umsatz- und Renditezahlen konfrontiert und daran gemessen werden. "Für die Beschäftigten ist das ein zweischneidiges Schwert: Die neue Freiheit bezahlen viele mit Arbeitsverdichtung und Leistungsdruck", sagt Ahlers.

Die aktuelle Auftragslage der Unternehmen hat offenbar wenig Einfluss auf den Zeit- und Leistungsdruck: Den Anteil der Beschäftigten unter Dauerstress schätzten Betriebsräte trotz beginnender Wirtschaftskrise ähnlich ein, egal ob sie in Unternehmen mit gut gefüllten Auftragsbüchern arbeiten oder in schlecht laufenden Betrieben. Für die Zukunft erwartet Ahlers allerdings durch die Wirtschaftskrise eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen: "Die Personaldecke in den Betrieben wird noch dünner, die Angst vor dem Jobverlust zunehmen. Dies dürfte sich negativ auf die Gesundheit der Beschäftigten auswirken."

  • In vier von fünf Betrieben arbeiten Beschäftigte dauerhaft unter hohem Druck - egal, ob die Auftragsbücher des Unternehmens gut gefüllt sind oder nicht. Zur Grafik

WSI-Betriebsrätebefragung 2008. Innovationsfähigkeit, Arbeitsbedingungen und Gesundheit im Betrieb; Elke Ahlers ist WSI-Gesundheitsexpertin und Verbundpartnerin im BMBF-Forschungsprojekt Partizipatives Gesundheitsmanagement (PARGEMA)

Zum Projekt WSI-Befragung von Betriebs- und Personalräten

Zum Projekt PARGEMA

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